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- 08. April 2011 4 Min.

Tabu-Thema Pädophilie: "Als Jonathan starb" erzählt die Beziehung zwischen dem 27-jährigen Maler Jonathan und dem 8-jährigen Serge
Schwere Kost: Mit der unkritischen Neuausgabe von Tony Duverts Pädophilen-Roman "Als Jonathan starb" verklärt der schwule Männerschwarm Verlag den Missbrauch von Kindern.
Von Angelo Algieri
Er bezeichnete sich selbst als pädophil und homosexuell. Der französische Autor Tony Duvert (1945-2008) machte um seine Neigung für Jungs keinen Hehl. In seinem Essay "L'enfant au masculin", das er 1980 veröffentlichte, schreibt er, dass er mit mehr als 1.000 Kindern und Jugendlichen - ab sechs Jahre aufwärts - Sex gehabt habe. Dennoch bekam er 1973 für seinen Roman "Paysage de fantaisie" den renommierten Literaturpreis "Prix Médicis". Darin geht es um Kinder, die der Prostitution zur Verfügung stehen. Duvert hatte für diesen Preis einen bekannten Befürworter: der Semiologe und Schriftsteller Roland Barthes. Doch schon am Abend der Preisverleihung gab es Streit zwischen ihnen - das Thema: Pädophilie.
Nun ist im Männerschwarm Verlag Tony Duverts fünfter Roman "Als Jonathan starb" erschienen. In Frankreich wurde er 1978 veröffentlicht. Bereits 1984 übersetzte der Berliner Verlag rosa Winkel diesen Roman - er diente für die 2011er Ausgabe als Vorlage. Übersetzer und Verleger Joachim Bartholomae hat diese Vorlage teils neu übersetzt, teils neu redigiert.
Die Hippie-Mutter überlasst ihren Sohn einem Pädophilien
In Duverts einzig ins Deutsche übersetzten Roman geht es um eine Beziehung zwischen dem 8-jährigen Jungen Serge und dem 27-jährigen Maler Jonathan. Barbara, die Mutter von Serge, möchte ihr Hippie-Leben ausleben und fährt nach Amerika. Ihren Sohn überlässt sie Jonathan. Dieser lebt in einem Haus an einem Dorf - mitten in der französischen "Pampa". Dennoch langweilt sich Serge nicht: Er spielt im Garten und macht einige Versuche, darunter wie er Regenwürmer oder Schnecken in einer Dose brät. Mit Jonathan versteht er sich gut und charakterlich scheint Serge gefestigter zu sein: Er ist weniger aufmüpfig als mit seiner Mutter. Abends schlafen Jonathan und Serge in einem Bett - sie kuscheln nicht nur, sondern haben Sex. So vergehen die Tage, ohne dass beide ein Wort über ihre sexuelle Beziehung verlieren.
Die Mutter kommt erst nach Monaten unangekündigt zurück und holt Serge ab. Jonathan sieht sich nun alleine. Er fühlt sich nutzlos, trinkt und schreibt Briefe. Doch es sollte knapp zwei Jahre dauern bis Serge zu Jonathan zurückkommt. Sie unternehmen wieder viel: Serge erzählt ihm eine gemalte Geschichte, sie gehen ins Freibad, sind jeden Tag in der benachbarten Stadt, kaufen Comics. Anfangs schläft Serge in einem Bett mit Jonathan, später in einem eigenen Bett. Der Sex läuft mal abends, mal spontan. Die Tage vergehen schnell, bis Serge zurück muss. Doch das Kind haut bald von Zuhause ab und will zu Jonathan - doch wird Serge je ankommen?
Pädophiler Sex wird verklärt und verharmlost

Tony Duvert, Jahrgang 1945, starb 2008 einsam in seinem Haus in Frankreich (Bild: Les Éditions de Minuit)
Es ist schwere Kost: Inhaltlich wird pädophiler Sex verklärt und verharmlost. Die sexuellen Handlungen werden zunächst allgemein als "sich lieben" beschrieben und enden im Roman konkreter mit Penetration Jonathans im Arsch des Kindes. Doch Duvert geht noch weiter: Er schreibt dem Kind den ersten Schritt zu, Sex zu wollen. "Ekelhaft!", möchte man zurufen - gerade wenn man bedenkt, dass Duvert selbst pädophil war.
Wer jetzt an Nabokovs "Lolita" denkt und diesen mit Duverts Roman gleich setzt, ist falsch beraten. Lolita ist zum einen eine frühreife 12-Jährige, zum andern überhöht Nabokov Sex und Prostitution mit Minderjährigen nicht. Zudem spricht Nabokov meisterlich andere Themen an. Duvert hingegen propagiert ganz klar den Sex mit Kindern und idealisiert ihn. Seine Kritik an bourgeoise Links-Alternative wirken plump und plakativ.
Zu verstehen allenfalls im Zeitgeist der Siebziger
Duverts Erfolg in Frankreich ist mit dem Zeitgeist der 70er Jahre zu verstehen. In Folge der 68er Revolte entstand nicht nur die Schwulenbewegung, sondern mit ihr die Pädophilenbewegung - etwa die Indianerkommune in Deutschland. Diese Bewegungen wurden vom links-alternativen Lager unterstützt. So sahen viele Links-Intellektuelle in Duverts Romane mit dem Mittel der Pädophilie eine Gesellschaftskritik gegenüber einer autoritären und sexuell-unfreien Gesellschaft.
"Als Jonathan starb" kann deshalb nur im historischen Kontext gesehen werden - als Zeit- und Emanzipationsdokument. In unserer Zeit jedoch, hat Duverts Roman ausgedient. Denn die glorifizierende Pädophilie mutet den Opfern von Kindesmissbrauch Hohn und Spott an. Gerade nach den Kindesmissbrauchsfällen von Dutroux, in katholischen Einrichtungen oder in der Odenwaldschule, hätte ich mir mehr Sensibilität vom Verlag gewünscht: etwa mit einem kritischen Nachwort - gerade um Missverständnisse zu vermeiden. Dass zusätzlich im Klappentext das Wort Pädophilie kein einziges Mal fällt, ist nicht nur beschämende Verharmlosung, sondern rückt den schwulen Verlag ungewollt in ein schlechtes Licht!
Tony Duvert: Als Jonathan starb. Aus dem Französischen von Joachim Bartholomae, nach einer Vorlage von François Pescatore. Männerschwarm Verlag, Hamburg 2011. 224 S., 19 €
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Phädophilie ist grundsätzlich eine zu verurteilende Straftat an Kindern. Dies gilt für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Da muss auch eine entsprechende Kritik an der damals von vielen links-intellektuellen propagierten Freiheit erlaubt sein, bzw. sie darf nicht verschwiegen werden. Es ist letztendlich egal, ob sich ein „Links-intellektueller“, Lehrer oder ein Mitarbeiter einer Kirche sich an Kindern vergreift. Es gibt keine bessere oder schlechtere Phädophilie – es ist ist schlicht ekelhaft und Strafbar !!