Die Luxemburger Richter bringen Schwule und Lesben in Deutschland der Gleichbehandlung einen Schritt näher (Bild: Wiki Commons / Anders Gardebring / CC-BY-SA-3.0,2.5,2.0,1.0GFDL)
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat am Dienstag in einem Grundsatzurteil entschieden, dass verpartnerte Beschäftigte nicht gegenüber heterosexuellen Eheleuten benachteiligt werden dürfen.
Die EU-Richter erklärten in ihrer Entscheidung zu Rentenansprüchen eines Verwaltungsangestellten der Stadt Hamburg, dass der einzige Unterschied der Ehe zur eingetragenen Lebenspartnerschaft die Verschiedengeschlechtlichkeit sei. Sie wiesen darauf hin, dass Lebenspartner wie Eheleute einander zur Fürsorgen und Unterstützung verpflichtet seien. Damit hätten die Lebenspartner die selben Pflichten wie heterosexuelle Ehepartner. Ehe und Lebenspartnerschaft seien damit vergleichbar – und müssten auch gleich behandelt werden. Wenn Schwule und Lesben wegen der unterschiedlichen Bezeichnungen der beiden Institutionen benachteiligt werden, verstoße das gegen die Gleichbehandlungsrichtlinie 2000/78, die am 3. Dezember 2003 in Kraft trat. Die Richtlinie besagt ausdrücklich, dass niemand wegen seines Geschlechts oder seiner sexuellen Ausrichtung im Arbeitsleben benachteiligt werden darf.
Im vorliegenden Fall hatte Jürgen Römer aus Hamburg geklagt. Er war seit 1950 bis zum Eintritt seiner Erwerbsunfähigkeit am 31. Mai 1990 bei der Stadt beschäftigt. Seit 1969 lebt er ohne Unterbrechung mit seinem Partner zusammen, mit dem er am 15. Oktober 2001 eine eingetragene Lebenspartnerschaft begründete. Das teilte Römer seinem Arbeitgeber mit und beantragte eine Neuberechnung der Versorgungsbezüge unter Zugrundelegung der günstigeren Steuerklasse. Demnach hätte seine monatliche Rente um mehr als 300 Euro höher ausfallen müssen. Hamburg wollte das Geld jedoch nicht auszahlen, da diese Leistung heterosexuellen Eheleuten vorbehalten sei.
Blockade der deutschen Gerichte durchbrochen
In seinem Urteil stellten die EU-Richter fest, dass Zusatzversorgungsbezüge unter die Gleichstellungsrichtlinie fallen. Zwar stellten sie bereits vor drei Jahren fest, dass Benachteiligung von eingetragenen Lebenspartnern bei der Witwenrente gegen die EU-Richtlinie verstoßen würde (queer.de berichtete). Seither hätten deutsche Gerichte jedoch mit "juristischen Spitzfindigkeiten" versucht, die Gleichstellung zu verhindern, beklagt LSVD-Sprecher Manfred Bruns. "Sie behaupteten z.B., die streitige Leistung habe einen familienpolitischen Zweck, der nur bei Ehen gegeben sei", so Bruns. Damit sei nun Schluss. Verpartnerte Beschäftigte könnten jetzt die Leistungen, die ihnen seit dem 3. Dezember 2003 vorenthalten worden sind, nachfordern. Das gilt auch für verpartnerte Beamte und Richter aus Bundesländern, die ihr Landesrecht nicht rückwirkend zum Jahr 2003 gleichgestellt haben.
Auch Bundesbeamte und Soldaten können sich auf diese Entscheidung berufen. Derzeit plant die schwarz-gelbe Bundesregierung, diese Gruppe erst ab dem 1. Januar 2009 gleichzustellen. Nach einem Sieg von Homo-Paaren vor dem Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesinnenministerium eingetragene Lebenspartner in einer Anweisung bereits vorläufig in Bereichen wie beim Familienzuschlag gleichgestellt, aber erst seit dem 1. Juli 2009.
Grüne machen FDP für Ungleichbehandlung verantwortlich
Der grüne Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck kritisierte nach der Entscheidung Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) für die fehlende Gleichstellung: "Die Liberalen brauchen offenbar regelmäßig von den Gerichten einen Schlag auf den Hinterkopf, damit sie sich an ihre Gleichstellungsversprechen aus dem Wahlkampf erinnern", So Beck in einer ersten Reaktion. "Wieder einmal muss ein Gericht der Bundesregierung beibringen, dass sie nicht diskriminieren darf… Wie oft will sich Frau Leutheusser-Schnarrenberger eigentlich noch vorführen lassen?".
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg ist das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union. (dk)
P.S.
Als NRWler fände ich es auch langsam an der Zeit, die Gleichstellung hier ein Jahr nach den Landtagswahlen endlich ins Parlament einzubringen (Wahltermin: 09.05.2010). Absichtserklärungen ersetzen keine konkrete Politik.