Am Dienstag protestieren Homo-Aktivisten weltweit zum Tag gegen Homophobie - auch in Deutschland wird der 17. Mai immer mehr zum Aktionstag für Lesben und Schwule.
Von Dennis Klein
Zum sechsten Mal wird dieses Jahr der International Day Against Homophobia and Transphobia (IDAHO) mit Kiss-ins, Demonstrationen und anderen kreativen Aktionen begangen. Der Tag, der in der breiten Öffentlichkeit noch kaum Beachtung findet, erinnert an eine historische Entscheidung der WHO: Die UN-Organisation hat am 17. Mai 1990 entschieden, Homosexualität von der Liste der Krankheiten zu streichen. Der jährliche Gedenktag wurde 2005 von einem Belgier aus der Taufe gehoben. Seitdem versuchen Aktivisten aus aller Welt, dass die Vereinten Nationen den Tag offiziell anerkennen.
Der 17. Mai hat jedoch auch andere Bedeutungen für die schwul-lesbische Community: So öffnete der US-Bundesstaat Massachusetts am 17. Mai 2004 die Ehe - zum ersten Mal durften damit Schwule und Lesben außerhalb Europas heiraten. Auch für Deutschland ist der 17.5. symbolisch - erinnert er doch an den Paragrafen 175, der den Nazis die Begründung für die Ermordung tausender Schwuler lieferte. Die Nazi-Fassung war bis 1969 gültig, nach einige Liberalisierungen wurde der "Schwulenparagraf" aber erst 1994 von der Bundesregierung aus dem Strafgesetzbuch gestrichen.
Händchenhalten, Küssen, Luftballons...
In der ganzen Welt gibt es anlässlich des Aktionstages Kiss-ins (Bild: Steve Punter / flickr / by-sa 2.0)
In ganz Deutschland organisieren lokale Gruppen unterschiedlichste Aktionen zum Tag gegen Homophobie: So trommelt die Grüne Jugend und andere Gruppen Schwule und Lesben in 20 Städten zum "Same Sex Hand Holding" zusammen. Die Idee fürs gemeinsame Händchenhalten stammt vom Engländer Dave Watkins, der dadurch zeigen wollte, wie normal und selbstverständlich gleichgeschlechtliche Liebe ist. Die Aktion wird bundesweit in über 20 Städten auf öffentlichen Plätzen stattfinden. So beginnt die Aktion um 17 Uhr in Hannover am Schiller-Denkmal, in Frankfurt um 17:05 an der Hauptwache, in Essen um 19 Uhr auf dem Willy-Brandt-Platz, in Münster zur gleichen Zeit in der Ludgeristraße gegenüber den Münsterarkaden. In Bayern werden die Aktionen via Facebook koordiniert. In Köln kann man sich um 18:30 Uhr zum Händchenhalten auf der Domplatte treffen - eine halbe Stunde später gibt es dort allerdings schon die nächste Veranstaltung auf dem Rathausplatz: Beim Rainbow-Flash lassen Schwule und Lesben Luftballons mit Botschaften gen Himmel. Diese Aktion findet gleichzeitig in 15 anderen deutschen Städten statt (Mehr Infos hier). Mehr als Händchenhalten und Luftballons gibt es in Berlin: Dort organisiert das Überfalltelefon Maneo bereits seit 2007 ein Kiss-in unter dem Motto "Protect every kiss!". Ab 12 Uhr wird auf dem Potsdamer Platz geknutscht. Die Woche vor dem Tag gegen Homophobie hat Maneo übrigens zur "Berliner Kehrwoche" erklärt - nach dem Motto: "We kehr for Tolerance".
In der Hauptstadt gibt es eine ganze Reihe an Aktionen: So wird am Montag im Rathaus Treptow die Ausstellung "Homophobie ist kein Spaß" der Berliner Aids-Hilfe eröffnet. Sie bleibt dort bis zum 17. Juni. Am Dienstag findet vor dem Rathaus Köpenick eine von der AG Queer organisierte "Kiss-me-/Umarmungs-Aktion" zwischen 13 und 15 Uhr statt. Die Landesstelle für Gleichbehandlung führt zudem im Berliner Abgeordnetenhaus das Fachsymposium "§ 175 StGB - Rehabilitation der nach 1945 verurteilten homosexuellen Männer" durch. Diese Rehabilitation wurde erst am Donnerstag im Deutschen Bundestag von Union und FDP abgelehnt (queer.de berichtete).
Außerdem startet in Berlin wieder eine Kampagne zur Akzeptanz der sexuellen Vielfalt: Unter dem Motto "Berlin liebt! Respekt macht's möglich" werden an U-Bahnhöfen, Straßenkreuzungen und anderen Orten die Großplakate zu sehen sein (queer.de berichtete). Außerdem wird ab dem 28. Mai unter anderem im Berliner Fenster der U-Bahnen ein mehrsprachiger Kampagnen-Spot ausgestrahlt.
Youtube | Händchenhalten in Frankfurt (2010)
Eine Demonstrantin beim IDAHO 2010 in Hongkong (Bild: istolethetv / flickr / by 2.0)
Auch in anderen Städten organisieren lokale Homo-Gruppen Aktionen. So will Schwulst in der Stuttgarter Königstraße ab 14 Uhr mit einem Infostand die Bevölkerung für das Thema Homophobie sensibilisieren. In Dresden wird an diesem Tag die schwul-lesbische Gruppe Gerede e.V. von der Initaitive "Deutschland - Land der Ideen" als "ausgewählter Ort" ausgezeichnet. Nach der Preisverleihung marschieren die Teilnehmer zum Theaterplatz, wo ab 19 Uhr der "Rainbow Flash" stattfindet. In Magedeburg gibt es an der Universität anlässlich des Tages gegen Homophobie den Vortrag "Wer hat Angst vor rosa Männern? Warum uns Toleranz so schwerfällt".
Selbst das Europaparlament in Straßburg engagiert sich: Dort wurde bereits letzten Dienstag die Ausstellung "Walk With Pride: Images Against Homophobia" eröffnet. Es handelt sich dabei um Bilder des US-Fotografen Charles Meacham, der beeindruckende Bilder von CSDs in der ganzen Welt eingefangen hat (hier eine Diashow). Die Volksvertretung der EU hat den Internationalen Tag gegen Homophobie bereits offiziell anerkannt, ebenso wie die Parlamente von Belgien, Brasilien, Costa Rica, Großbritannien, Mexiko und den Niederlanden.
Nicht überall dürfen Schwule und Lesben öffentlich Homophobie anprangern, selbst im relativ gut situierten Europa: So planten weißrussische Homoaktivisten am Dienstag einen "Equality March" durch die Hauptstadt Minsk, der aber von der Stadtverwaltung verboten wurde (queer.de berichtete). 80 Länder verbieten weltweit Homosexualität, in sieben gibt es die Todesstrafe für Schwule.