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- 19. Mai 2011 2 Min.

Kräht der Gockel auf dem Mist, bleibt der Bauer schwul, wie er es ist... (Bild: Salzgeber)
In "Stadt Land Fluss" kommen sich zwei junge Landwirte näher. Eine Lovestory zwischen Kuhstall und Berlin, jetzt im Kino.
Von Carsten Weidemann
Bei der Ernte wird auch sonntags gearbeitet, der Stall muss immer sauber abgefegt sein, und wenn die Mutterkuh ihr Kalb nicht annimmt, wird es von Hand aufgezogen. Marko ist Auszubildender in einem großen Agrarbetrieb im Nuthe-Urstromtal, 60 km südlich von Berlin. Besteht er seine Abschlussprüfung, ist er Landwirt. Ob er das überhaupt sein will, weiß er nicht. Außerhalb der Arbeit hat er wenige Kontakte, die elf anderen Lehrlinge halten ihn für einen verschlossenen Einzelgänger.
Aber als Jacob, ein neuer Praktikant, im Betrieb auftaucht, wagt sich Marko langsam aus der Rolle des Außenseiters heraus. Bei der Ernte, beim Abfahren des Getreides und beim Umbuchten der Kälber kommen die beiden jungen Männer sich näher. Für einen Tag reißen sie nach Berlin aus und danach ist nichts mehr wie zuvor. Eine Liebesgeschichte nimmt ihren Anfang - doch keiner von beiden hat sich bislang gefragt, wie und vor allem wie offen er in der Gesellschaft leben will.
Der erste Spielfilm von Benjamin Cantu erzählt eine schwule Liebesgeschichte auf dem Land und verbindet dabei auf originelle Weise dokumentarische Beobachtung und fiktionale Dramatisierung. Gedreht wurde auf einem Agrarbetrieb während der Erntezeit, ohne die üblichen Abläufe zu stören. Alle Mitglieder des klein gehaltenen Drehteams hatten Erfahrungen im Dokumentarfilm und waren es gewohnt, schnell und flexibel auf Situationen zu reagieren. Gewährleistet wurde dadurch ein genauer Blick für den Arbeitsbetrieb, die Aspekte der landwirtschaftlichen Ausbildung und die sozialen Beziehungen zwischen den Lehrlingen und den Mitarbeitern.
Reales Abbild schwulen Lebens außerhalb der Großstadt
Lukas Steltner und Kai Michael Müller nahmen als ausgebildete Schauspieler die Herausforderung dieses ungewöhnlichen Drehs an und fügten sich in die Gemeinschaft und die Arbeitsprozesse ein. Die Lehrlinge und Mitarbeiter des Betriebshofs wiederum akzeptierten die fiktionale Erzählkonstruktion des Films und ließen ihre eigene Wirklichkeit in seine Geschichte einfließen.
Was dabei entsteht, ist ganz unmittelbar berührend: eine Liebe entwickelt sich zwischen Arbeitsroutinen, an Orten, die vor der Haustür liegen. Der Film hatte seine Premiere bei den vergangenen 61. Internationale Filmfestspielen in Berlin und erhielt prompt den LeserInnenpreis der Zeitschrift Siegessäule (ELSE) bei den 25. TEDDY Awards verliehen.
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Ich persönlich fühle mich hier auch angesprochen, da ich aus Erfahrung weiß, wie schwer es auf dem Land ist, sich zu outen oder gar offen schwul zu leben - denn ich lebe abseits der Stadt.
Auch ist es schwieriger, Leute "vom eigenen Ufer" kennen zu lernen oder sich mit ihnen aus zu tauschen.
Was ich aber kritisch anmerken möchte, ist das Klischee, dass sich die Landbevölkerung vornehmlich mit Landwirtschaft beschäftigt. Das ist einfach falsch. Es gibt hier noch mehr, als nur Kuhställe und Felder. Im Gegenteil. Größtenteils sind es hier handwerkliche Betriebe und Dienstleistungsunternehmen. Das Rückständige befindet sich allenfalls in den Köpfen einiger traditionalistisch veranlagten Menschen, aber nicht in den örtlichen Gegebenheiten.
Der Film mag zwar ganz romantisch sein, aber ich denke eine andere Perspektive wäre interessanter gewesen. Ein gutes Beispiel ist hier der britische Spielfilm "Get Real"!