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- 29. Mai 2011 2 Min.

Will Homo-Rechte auf dem Weg ins Kanzleramt opfern: Tübingens grüner OB Boris Palmer (Bild: dustpuppy / flickr / by 2.0)
Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer sieht Homo-Rechte als Hindernis auf dem Weg zur Großpartei - Fraktionschefin Renate Künast widerspricht ernergisch.
Von Carsten Weidemann
In Umfragen erleben die Grünen derzeit wahre Höhenflüge - und damit das so bleibt, wollen einige Parteimitglieder grüne Kernpositionen über Bord werfen. So sei etwa das uneingeschränkte Adoptionsrecht für schwule und lesbische Paare "vorerst keine Forderung, mit der sich 25 Prozent der Deutschen gewinnen lassen", schreibt der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer in einem internen Thesenpapier, das er vergangene Woche im 16-köpfigen Parteirat zur Debatte stellte.
Der "Wahlerfolg in Baden-Württemberg hat gezeigt, dass grünes Wachstum nicht ausschließlich im eigenen Lager möglich ist", heißt es laut Frankfurter Rundschau in Palmers Thesenpapier. Um die Stimmen von Unions- und FDP-Wählern zu gewinnen, müsse man auf "radikales Oppositionsgehabe und (die) Fokussierung auf klassisch grüne Themen" verzichten.
Künast: Palmers Thesen kosten mich in Berlin Stimmen

Erteilte Palmers Forderungen eine kllare Absage: Fraktionschefin Renate Künast (Bild: arne.list / flickr / by-sa 2.0)
Gegenüber dpa erteilte Grünen-Fraktionsschefin Renate Künast den Forderungen Palmers eine klare Absage: "Die Grünen geben auch auf dem Weg, größer zu werden, ihre Kernpositionen und Werte nicht auf", stellte die Kandidatin für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin in Berlin klar: "Zu den Kernpositionen gehört auch, dass wir für die Rechte von Homosexuellen kämpfen werden, bis eine Gleichstellung erreicht ist - bis hin zum Adoptionsrecht." Im Parteirat soll die angesäuerte Künast davor gewarnt haben, dass Palmers Thesen sie in Berlin Stimmen kosten werde.
Auch Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion bezweifelte, dass man "stärker wird, indem man seine Substanz zur Disposition stellt": "Wo wir mehrheitsfähige Positionen vertreten, müssen wir versuchen, sie in Regierungsbeteiligungen umzusetzen", sagte der schwule Politiker gegenüber der Frankfurter Rundschau. Zugleich habe man viele Minderheitenpositionen mehrheitsfähig gemacht, nicht nur den Atomausstieg. Dem Adoptionsrecht für homosexuelle Paare etwa "stimmen inzwischen Umfragemehrheiten klar zu".
Bereits vor sieben Jahren sorgte die damalige grüne Bundestagsvizepräsidentin Antje Vollmer für Aufsehen, als sie sich in einem Beitrag für den "Tagesspiegel" gegen ein Adoptionsrecht für Homo-Paare ausgesprochen hatte. Queer.de hatte ihr damals die Homo-Gurke verliehen.

Links zum Thema:
» Homepage von Boris Palmer
Mehr zum Thema:
» Kommentar von Micha Schulze: "Grüner Sündenfall" (30.05.2011)