Es gibt nicht nur Plattenbauten in Lichtenberg: Am Rathaus hätte sich die Regenbogenfahne gut gemacht (Bild: Bezirksamt Lichtenberg)
SPD, Grüne und CDU lehnten einen Antrag der Linkspartei ab, während des Deutschlandbesuchs von Benedikt XVI. am Bezirksrathaus die schwul-lesbische Flagge zu hissen.
Von Carsten Weidemann
Im Ostberliner Bezirk Lichtenberg weht traditionell zum CSD die Regenbogenfahne - aber auch nur dann. Am Donnerstag scheiterte Die Linke mit einem Antrag in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV), auch zum Deutschland-Besuch des Papstes vom 22. bis 25. September 2011 die schwul-lesbische Flagge zu hissen. SPD, CDU und Grüne stimmten dagegen. Eine solche Maßnahme würde Benedikt XVI. provozieren, hieß es unter anderem.
Neben der Hoffnung, welche viele Katholiken mit dem Besuch des Kirchenoberhaupts in Deutschland verbinden, gebe es auch berechtigte Kritik, hatten die Lichtenberger Linken in ihrem Antrag argumentiert. Die Sexual- und Kondom-Politik des Papstes behindere "in vielen Ländern massiv wirksame HIV-Prävention". Weiter heißt es in der BVV-Drucksache 052/VI.: "In der Kritik stehen auch die Diskriminierung von Frauen sowie von Lesben und Schwulen durch die katholische Kirche."
Die Linke ist in Lichtenberg die mit Abstand stärkste Partei
Lichtenberg sei ein toleranter und weltoffener Bezirk, in dem jeder nach seiner Fasson leben kann, stellte die Linksfraktion in ihrem Antrag fest. "Dies sollte anlässlich des Besuches von Papst Benedikt XVI. im September 2011 durch das Hissen der Regenbogenfahne vor dem Lichtenberger Rathaus demonstriert werden." Die Regenbogenfahne diene "in vielen Kulturen weltweit als Zeichen der Toleranz, Vielfältigkeit, der Hoffnung und Sehnsucht."
Bei der letzten Wahl zur Bezirksverordnetenversammlung im Jahr 2006 hatte die damalige PDS ihre jahrelange absolute Mehrheit in Berlin-Lichtenberg verloren. Mit 24 von 55 Sitzen ist die heutige Linkspartei jedoch noch immer die stärkste Fraktion. Die SPD besitzt 17 Mandate, die CDU 5 und die Grünen 3. Darüber hinaus stellen FDP und NPD jeweils 2 Bezirksverordnete. Jeweils ein Mandat entfällt auf die Wahlalternative Soziales Berlin und einen jetzt fraktionslosen Politiker.
Grüne nennen die Linke-Initiative "scheinheilig" und nicht konstruktiv
Unterdessen gerät der Regenbogenflaggen-Streit zum Zicken-Kampf zwischen Grünen und Linken um die Meinungsführerschaft in der Homo-Politik. In einer Pressemitteilung wehrte sich die grüne BVV-Fraktion am Freitagnachmittag energisch gegen den Vorwurf, zu vatikanfreundlich zu sein: "Die Fraktion B90/Grüne Lichtenberg tritt ein für Vielfalt und Selbstbestimmung aller Lebensformen und lehnt die menschenfeindliche Geschlechter- und Sexualpolitik des Papstes ab", erklärte Fraktionschef Michael Heinisch.
So würde man "konstruktive" Proteste gegen den Papstbesuch selbstverständlich unterstützen, nicht jedoch "scheinheilige" Initiativen: "Das Ablehnungsmanöver der Linksfraktion, dem Papst die Regenbogenfahne unter die Nase zu reiben und damit einen äußeren Gegner zu küren, anstatt sich mit der Sacharbeit für eine menschenfreundliche Geschlechter- und Sexualpolitik vor Ort in Berlin-Lichtenberg zu kümmern, ist mit Bündnis 90/Die Grünen nicht zu machen." Hermisch warf dem von den Linken dominierten Bezirksamt konkret vor, die Umsetzung eines von Grünen initierten "Aktionsplans gegen Homo- und Trans*phobie" zu verzögern.
Mit Homophobie habe die Ablehnung des Linken-Antrags nichts zu tun, stellte auch Sascha Clucas, grüner Direktkandidat im Wahlkreis Lichtenberg 4 für das Abgeordnetenhaus, gegenüber queer.de klar. Die Hälfte des sechsköpfigen Grünen-Vorstands sowie die Hälfte der sechs Direktkandidaten sei offen homosexuell.
Ergänzt um 15:45 Uhr