Elena Kostyuchenko vor ihrer zweiten Verhaftung
In Moskau sind am Donnerstag 24 LGBT-Aktivisten verhaftet worden. Die hauptsächlich oder gänzlich lesbischen Mitstreiter verschiedener Gruppen, die im Mai bereits einen "Equality March" ohne Vorkomnisse abhalten konnten, hatten Flugblätter verteilt und Plakate hochgehalten. Dazu trugen sie Rosa Winkel.
Da die Teilnehmer in einem Abstand von mindestens drei Metern voneinander standen, hätten sie russischen Gesetzen zufolge keine Erlaubnis für den Protest nötig gehabt. Sie hatten auch nicht auf eine Konfrontation abgezielt. Doch die Polizei löste den Protest am Puschkinplatz innerhalb weniger Minuten auf. 24 Aktivisten wurden festgenommen und nach einigen Stunden auf der Polizeistation freigelassen. Sie müssen sich im Juli vor einem Richter verantworten.
Unter den Verhafteten befindet sich auch Elena Kostyuchenko, die Journalistin der Zeitung "Nowaja Gaseta", die bereits beim Moscow Pride vor wenigen Wochen verhaftet und von Neonazis verletzt worden war. Sie hatte einige Tage in einem Krankenhaus verbringen müssen. Am 28. Mai waren ingesamt 18 Aktivisten festgenommen worden. Die CSD-Demo war zuvor von den russischen Behörden verboten worden, trotz Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, dass entsprechende Verbote illegal waren.
CSD St. Petersburg verboten
Bei der Eröffnung der Ausstellung "Walk with pride" in der Berliner verdi-Zentrale forderte der Fotograf Charles Meacham mit Bildern vom CSD in Moskau zur Teilnahme an der Mahnwache am Samstag in Berlin auf (Bild: Norbert Blech)
Ein entsprechendes Verbot ist nun auch für den für Samstag geplanten CSD in St. Petersburg endgültig. Organisatoren des dortigen CSD hatten vor wenigen Tagen Anträge für drei mögliche Routen in der Innenstadt eingereicht, alle drei wurden verboten. Die Stadtverwaltung hatte zunächst eine eigene Alternativeroute in einem Industriegebiet angeboten; als die Ativisten darauf eingingen, diese aber auch nicht erlaubt.
Organisator Yuri Gavrikov kündigte an, dass der CSD in jedem Fall stattfinden werde, So ist auch am Samstag mit Verhaftungen von LGBT-Aktivisten zu rechnen. Der CSD in St. Petersburg in diesem Jahr ist zugleich der Slavic Pride, der gemeinsame Protest von Aktivisten aus ganz Russland und Weißrussland. Beim letztjährigen CSD in St. Petersburg wurden fünf Teilnehmer zwischenzeitlich von der Polizei festgenommen. Da die Demostrecke bis zuletzt geheimgehalten wurde, kam es zu keinem Aufeinandertreffen mit Neonazis. Das folgte im November: Bei einer genehmigten LGBT-Demo flogen Eier auf die Demonstranten.
Mahnwache in Berlin
Mit den gestrigen Festnahmen und den möglichen am Samstag bekommt auch eine Mahnwache vor der russischen Botschaft während des Berliner CSDs weitere aktuelle Brisanz. Die Demo vor der Botschaft Unter den Linden und unweit der CSD-Abschlussveranstaltung beginnt um 19 Uhr. Zu den Teilnehmern gehören Quarteera, eine Gruppe russischsprachiger LGBT in Deutschland, Besucher und Aktivisten des CSD in Mosau, Volker Beck und Vertreter von verdi und LSVD. Auch ein Mitglied der Rainbow Association, die den "Equality March" in Mosau mit organisiert, ist anwesend.
Zuvor marschieren viele der Protestler bei der Berliner CSD-Parade und beim Transgenialen CSD mit. Unter dem Motto "From russia with pride" werden auch Teilnehmer aus Russland zeigen, wie bunt, lebendig und friedlich das Land sein könnte. Da einflussreiche Blogger aus Russland angereist sind, wird der Protest ein wichtiges Medienecho für die Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Trangender des Landes werden. "Durch die Teilnahme an einem CSD außerhalb Russlands wollen wir zum Ausdruck bringen, dass in Russland die LGBT-Community unterdrückt, schikaniert und diskriminiert wird", sagte dazu Konstantin von der "Rainbow Association" am Donnerstag in Berlin. Wenige Stunden später wurden Freundinnen und Mistreiterinnen von ihm verhaftet. (nb)