Haltet den Dieb, Mörder, Gauner, usw. (Bild: ARD)
In der ARD startete eine BBC-Serie mit einem post-modernen Sherlock Holmes. Interview mit dem Schauspieler Benedict Cumberbatch.
Von Carsten Weidemann
"Ein Fall von Pink" hieß die Auftakt-Episode der BBC-Serie "Sherlock", die am Sonntagabend in der ARD Premiere hatte. Eine gelungene Miniserie, entwickelt von den Machern der Science-Fiction-Serie "Dr. Who". Sie haben Sherlock Holmes und seinen Begleiter Dr. Watson in das heutige London versetzt, lassen ihn mit Laptop und Mobiltelefon ermitteln und verpassen ihm Nikotinpflaster statt Pfeife.
Während die Vermieterin der von Holmes und Watson gemeinsam bewohnten Zimmer ganz selbstverständlich davon ausgeht, ein schwules Paar vor sich zu haben, belässt es Holmes, gespielt vom 35-jährigen Schauspieler Benedict Cumberbatch bei ein paar Andeutungen. "Ah, sie haben ihr Date mitgebracht" begrüßt der Restaurantchef den Detektiv und Watson. Gegenüber Watson gibt der geniale Ermittler zu, dass Beziehungen zu Frauen nicht so sein Ding seien. Er sei mit seinem Beruf verheiratet.
Benedict Cumberbatch beschreibt selbst im Interview, was das besondere an seiner Rolle ist.
Warum, glauben Sie, ist Sherlock Holmes so beliebt?
Er wird seit 120 Jahren geliebt, weil er etwas sehr Eigenwilliges und sehr Exzentrisches an sich hat, und dabei so britisch ist, dass sein Charakter universal verstanden wird. Sherlock ist der meist verfilmte Charakter aller Zeiten! Kein Grund aber, sich deswegen unter Druck zu setzen.
Ist das ein Sherlock für das Cyber-Zeitalter?
Absolut. Dieser Sherlock hat seinen Deerstalker und seine Pfeife hinter sich gelassen. Dennoch sind wir dem Geist der Bücher treu geblieben. Wir wollen Sherlock aber aus dem Nebel bringen. Die Geschichten kann man nicht verbessern, das ist uns klar, aber wir wollen sie erweitern.
Youtube | Sherlock: Ein Blick hinter die Kulissen
Was ist sonst noch modern an diesem Sherlock?
Er ist ein anziehend gebrochener Charakter. Er ist nicht dieser gemeißelte ‚Alpha-Mann', der das Mädchen immer bekommt. Er ist enorm problembeladen. Er ist ein Außenseiter, der keinen an sich heranlässt, er hat einen auf Sucht angelegten, obsessiven Charakter, ist Sprungbrett aller modernen Ermittler mit ihren Alkohol- und Drogenproblemen. Aber das macht ihn richtig gut, eher dreidimensional, er braucht die Achillesverse, sonst wäre Sherlock zu perfekt, nicht menschlich. Er kann nicht unfehlbar sein.
Ist Sherlock ein Actionheld - mehr Rambo als Rimbaud?
Ja, da gibt es keine sicheren, gesunden Seiten an diesem Mann. Als Sherlock schieße ich auf Menschen, rolle mich über Autos, schmeiße brennende Ölfässer aus der Gefahrenzone oder fliege bei Explosionen durch die Luft. Normalerweise werde ich als elegischer, problembeladener Intellektueller und schlechter Liebhaber besetzt. Es macht mir Spaß, endlich einmal einen Actionhelden zu spielen.
Die Filme betonen die Freundschaft zwischen Holmes und Watson. Würden sie dieses Verhältnis als "Bruderromanze" bezeichnen?
Ich weiß es nicht so genau - wir leben im Film in einer WG zusammen. Sherlock und John sind co-abhängig. Holmes braucht Watson, um sich zu erden, Watson braucht Holmes, der ihm das Gefühl eines Abenteurers gibt.
Können Sie diese Beziehung näher beschreiben?
Da ist viel Zuneigung zwischen den beiden. Ein Wort umschreibt das am besten: Kameradschaft. Sie ist hart erarbeitet und nicht sentimental, aber Vertrautheit wächst durch das, was sie gemeinsam erleben. Klar, die Tatsache, dass sich zwei junge Männer eine Wohnung teilen, wirft Fragen auf, die wir auch ziemlich oft in den Filmen ansprechen ...
Die nächsten Folgen: So, 31.7., 21:45 Uhr, Sherlock (2) - Der blinde Banker und So, 07.8., 21:45 Uhr, Sherlock (3) - Das große Spiel
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