Für Reinhard Marx ist Homosexualtität ein Scheitern eines "Lebensentwurfs". (Bild: Wiki Commons / Wolfgang Roucka / CC-BY-SA-3.0)
Wir dokumentieren einen Offenen Brief der Rosa Liste München an Kardinal Reinhard Marx, der Schwulen und Lesben einen "gescheiterten Lebensentwurf" attestiert.
Eure Exzellenz,
sehr erfreut nehme ich zur Kenntnis, dass Ihre Haltung gegenüber der Homosexualität in Bewegung geraten ist und einen richtigen Weg zu nehmen scheint. Ich weiß das zu schätzen, denn selbstverständlich ist mir bekannt, dass schon der Gedanke an einen offenen Dialog zwischen katholischer Kirche und Homosexuellen noch immer in weiten Teilen der Geistlichkeit unvorstellbar ist.
Ihre Äußerung anlässlich des Mannheimer Dialogforums vom 11. Juli, Lesben und Schwule seien "gescheiterte und zerbrochene Menschen", relativierten Sie dankenswerterweise in einem am 27. Juni in der Münchner Kirchenzeitung veröffentlichten Interview. Besonders dankbar bin ich für Ihre Klarstellung, die Kirche habe im Umgang mit Lesben und Schwulen "nicht immer den richtigen Ton getroffen". Diffus aber wird ihre Argumentation mit der Erklärung, Homosexualität sei nicht ein Scheitern des Menschen, sondern ein Scheitern eines "Lebensentwurfs".
Ich sehe mich als Vorstandsmitglied der Rosa Liste München verpflichtet, Sie auf ein grundsätzliches Missverständnis Ihrerseits aufmerksam zu machen, um dem Dialog zwischen der katholischen Kirche und homosexuellen Christen künftig überhaupt einen Sinn zu geben: Homosexualität ist kein Lebensentwurf. Ein "Lebensentwurf" setzt eine Idee, ein Ziel, ein Plan für die Zukunft, mithin also bewusst getroffene Entscheidungen voraus. Kein Mensch aber entscheidet über seine sexuelle Orientierung, ebenso wenig wie über die Farbe von Haut, Haaren oder Augen.
Homosexuelle sind keine Schmuddelkinder am Tisch des Herrn
Wahlplakat der Rosa Liste: Mit 1,9 % der Stimmen wurde Thomas Niederbühl 2008 erneut in den Münchner Stadtrat gewählt
Die Entscheidungen, die dazu führen, katholischer Seelsorger zu werden, sind beispielsweise ein Lebensentwurf mit schwerwiegenden Folgen. Sie, Eure Exzellenz, haben sich in den Dienst einer Kirche gestellt, die, unter anderem, von Ihnen den Verzicht nicht nur auf eine Bindung, sondern Sexualität generell fordert. Gleichzeitig aber bestätigen Sie im Interview vom 28. Juli, das Sie der Süddeutschen Zeitung gaben, die kirchliche Position, "dass die Sexualität in die treue eheliche Beziehung zwischen Mann und Frau gehört, die offen für Kinder ist". Genau dieser Lebensentwurf wird aber von der Amtskirche für ihre Würdenträger selbst als schädlich verworfen. Nicht wenige Männer des Klerus scheiterten und zerbrachen daran: Wer sich für eine heterosexuelle Beziehung entscheidet, die "offen ist für Kinder", entscheidet sich gegen seine Kirche. Die zahlreichen und vermutlich nur im geringen Teil ruchbar gewordenen Fälle von Pädophilie unter katholischen Pfarrern will ich in diesem Zusammenhang nur der Vollständigkeit halber erwähnen.
Was Homosexuelle, die ihren christlichen Glauben zu leben versuchen, von ihrer Kirche erwarten, ist vielleicht mehr, als es ihren eigenen Dienern gewährt. Dabei geht es um nicht mehr als die Erfüllung des schlichten Wunschs, vorbehaltlos von ihr aufgenommen und in ihr aufgehoben zu sein. Lesben und Schwule gehören nicht irgendwie "auch dazu", um als Schmuddelkinder am Tisch des Herrn gnädige Toleranz zu erfahren. Die Signale, die Sie in Ihren letzten Verlautbarungen aussandten, machen Hoffnung, dass eine katholische Kirche mit menschlichem Antlitz, die sich wieder mehr den Visionen ihres Religionsstifters Jesus Christus verpflichtet fühlt, keine Utopie sein muss.
Mit freundlichen Grüßen
Robert Maier-Kares
Rosa Liste München e.V.
Und selbst wenn, dann wäre es trotzdem kein Lebensentwurf oder Lebensstil oder ähnliches.
Wäre ein bisschen wenig andernfalls^^. Bei dem Wort Lebensentwurf denke ich als letztes an die sexuelle Orientierung, sondern mehr daran, was jemand im Leben machen will und sich erwartet und erhofft.
Lebensentwurf, das regt mich immer voll auf, wenn Leute das in Zusammenhang mit Homosexualität benutzen. Was stellen die sich denn bitte vor?
Person 1: "Hallo, mein Lebensplan sieht so aus, dass ich mich zwei Jahre in Australien als Backpacker durchschlagen möchte, danach studiere ich BWL, danach heirate ich meine Sandkastenfreundin und wenn ich das erste Mal befördert wurde, dann gibts Kinder. Mein Traum ist ein Einfamilienhaus im Grünen. Später möchte ich dann gerne noch eine Segeltour um die Welt machen. Und wie sieht dein Lebensentwurf aus?"
Person 2: "Ich fick mit Typen"
Person 1: "Ah
Oder wie soll das gehen?^^
Aber sehr schöner Text.