Capelton singt u.a. über das Verbrennen von Schwulen, hält aber die wörtliche Auslegung für eine Fehlinterpretation
Dass die Elektro-Punker von "Frittenbude" ihren Auftritt wegen des homophoben Hass-Sängers Capleton absagten, hält der Veranstalter für einen PR-Gag.
Von Norbert Blech
Auf schlechte Presse reagieren Pressesprecher sehr unterschiedlich, aber selten so uneinsichtig wie Michael Bucholz. Der ist Sprecher des Chiemsee Reggae Summer, wo am Wochenende trotz diverser Proteste der jamaikanische Hasssänger Capleton auftreten soll.
Nachdem die "Süddeutsche Zeitung" Buchholz auf die Absage der Band Frittenbude wegen des homophoben Capleton ansprach, schäumte der Pressesprecher vor Wut, berichtet die Zeitung. "Das Line-up stand von vornherein fest. Dass Frittenbude jetzt nachträglich abspringen, ist das Allerletzte", so Buchholz. Laut SZ hält er die Absage für scheinheilige PR der Gruppe.
Dabei hatte Buchholz über drei Monate Zeit, sich auf eine entsprechende Frage vorzubereiten. Denn die Elektropunker aus Niederbayern hatten ihren Auftritt bereits im Mai abgesagt - fast direkt nach Bekanntgabe der Teilnahme Capletons.
"Idiotische Propaganda"
Die Jungs von Frittenbude zeigen Haltung
"Solange Capleton oder irgend ein anderer homophober 'Künstler' auf dem Chiemsee Reggae Summer spielt, ist unser Auftritt dort gecancelled", schrieb die Band am 3. Mai in ihrem Blog. "Wir haben unseren Gig explizit nur unter der Bedingung zugesagt, das auf dem kompletten Festival kein Battymantunes-Sänger seine idiotische Propaganda verbreiten wird." Ein Auftritt ginge "gegen alle unsere Prinzipien als klar denkende und fühlende Menschen".
Weitere Absagen wurden zunächst nicht bekannt, unter anderem wird der populäre Sänger Clueso auftreten. Auch Sponsoren, darunter die Bahn oder die Biermarke Becks, sind bisher nicht abgesprungen. Im letzten Jahr, als das Festival den ebenfalls problematischen Sänger Sizzla auftreten lassen wollte, hing auf einer von Becks gesponsteren Schwulenparty in Nürnberg sogar ein Plakat für den Chiemsee Reggae Summer. Dem Blogger Steven Milverton sagte der Konzern damals, man sehe keine Veranlassung zum Handeln, solange sich Künstler an die Gesetze halten.
Veranstalter: Gegen Zensur und Auftrittsverbote
In letzter Sekunde sagten die Veranstalter dann den Auftritt von Sizzla ab, angeblich wegen "Sicherheitsbedenken" (queer.de berichtete). In einer Presseeklärung erklärte das Festival damals, vermeintliche Linksradikale könnten Aktionen durchführen und die Sicherheit der Gäste bedrohen, unterstützt von den Grünen. Dabei gelte das Grundgesetz auch für Sizzla.
Auch in diesem Jahr hat man wenig gelernt: "Es ist ein Unding, dass wir uns jedes Jahr aufs Neue mit so was herumschlagen müssen", sagte Buchholz zur Kritik gegenüber der SZ. Der "Chiemsee Reggae Summer" stehe für Meinungs- und Kunstfreiheit, Zensurmaßnahmen und Auftrittsverbote lehne man ab. Man verweist auf einen Eintrag auf der Webseite des Festivals, in der sich Capleton gegen Gewalt ausspreche. Auch habe er zugesichert, keine problematischen Songs aufzuführen.
Capleton hat 2007 den Reggae Compassionate Act unterzeichnet und versprochen, keine homophoben Lieder mehr zu singen. Allerdings gibt es Youtube-Videos von Konzerten in Jamaika, in denen er in Liedern weiterhin zur Ermordung von Schwulen aufruft. Ein Sprecher der Grünen Jugend in Bayern sagt daher: "Der Auftritt ist und bleibt untragbar. Wer gegen Minderheiten hetzt, gehört strikt ausgeladen."