Zentraler Platz in Moclinejo: Beißen sich rosa Häuser mit den traditionell weißen Fassaden? (Bild: Wiki Commons / Té y kriptonita / CC-BY-SA-3.0)
Absurdes Homo-Marketing: Das andalusische 1.200-Seelen-Kaff Moclinejo will seine Häuser rosa anstreichen und einen Cruisingpark einrichten, um Schwule und Lesben anzulocken.
Von Carsten Weidemann
Moclinejo, rund 20 Kilometer entfernt von Málaga gelegen, ist ein typischer andalusischer Ort, umgeben von Oliven-, Mandelbäumen und Weinen, und als "Eingangstor zur Rosinenstraße" bekannt. Doch die Gemeindekassen sind klamm: Rund 100 Arbeitslose gibt es in dem 1.200-Seelen-Kaff, die Schulden belaufen sich auf über ein Drittel des Haushalts.
Um Moclinejo dennoch in eine rosige Zukunft zu führen, denkt Bürgermeister Antonio Muñoz rosa: Der konservative Politiker will die Gemeinde im kommenden Jahr allen Ernstes zum "ersten Gay-Dorf der Welt" erklären. Schwule und Lesben aus aller Welt sollen sich in 600 neuen Wohnungen niederlassen - in noch zu bauenden schicken Häusern, die komplett rosa angestrichen werden. Auch auf dem Ortschild soll nach dem Willen von Muñoz der Zusatz "Gay-Dorf" stehen.
Ein Cruisingpark und eine schwule Kapelle fürs Homo-Dorf
Vorbild Júzcar: Der 221-Seelen-Ort erklärte sich im Juni zum "Schlumpf-Dorf" und strich alle Häuser blau an
Hinter der merkwürdigen Idee steckt ein in der spanischen Szene nicht unumstrittener schwuler Unternehmer, der auch das Messe-Event "Expogay" in Torremolinos veranstaltet. Javier Checa träumt laut Süddeutscher Zeitung von einem "wahrhaft schwulen Dorf", wo Homosexuelle "wirklich Freiheit" atmen können - "so wie im Zentrum Manchesters". Schwule und Lesben hätten sich lang genug versteckt, so der Unternehmer. Zu seiner Vision eines "Gay-Dorfes" gehört auch die Einrichtung eines Cruising-Parks sowie die Umbenennung von Straßen und Plätzen nach Helden der Bewegung. Selbst die katholische Kapelle der Gemeinde will Checa dem "Schutzpatron der Schwulen" widmen, dem Heiligen Sebastian.
Die Reaktionen auf die geplante Ausrufung des Homo-Dorfes sind gemischt. Laut Umfragen der Lokalpresse ist die Mehrheit der Bevölkerung dem Projekt gegenüber aufgeschlossen; einige Einwohner gaben lediglich zu bedenken, dass sich rosa Häuser mit den traditionell weißen Fassaden beißen würden. Die eigene Partei des Bürgermeisters ist dagegen skeptisch: "Die Attraktivität einer Ortschaft bemisst sich nicht an der sexuellen Orientierung ihrer Bewohner", meinte ein Sprecher. "Freiheit entsteht nicht dadurch, dass man Ghettos schafft", kritisierte auch der Schwulen-, Lesben-, Bi- und Transsexuellen-Verband Colega. Bei der Gay-Dorf-Idee handele es sich nur um "Immobilienspekulation", so dessen Sprecher Salvador Rubio.
Also doch nur eine Schnapsidee von Bürgermeister Antonio Muñoz? Nicht unbedingt. In Andalusien hat es mittlerweile Tradition, ganze Dörfer umzuwidmen, um neue Touristengruppen anzusprechen: So erklärte sich das 221-Einwohner-Nest Júzcar erst im Juni aus Anlass der Uraufführung des Films "Die Schlümpfe" zum "Schlümpfe-Dorf" - und färbte alle Fassaden blau.