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  • Von Micha Schulze
    07. November 2011 26 2 Min.



Vor fünf Jahren sorgte der "Gesprächsleitfaden für einbürgerungswillige Ausländer" des damals CDU-geführten baden-württembergischen Innenministeriums für Schlagzeilen. Die "Loyalitätsprüfung" war Anfang 2006 eingeführt worden, um festzustellen, ob Neubürger Werte wie Toleranz und Demokratie verinnerlicht haben (queer.de berichtete). Dazu gehörte anfangs auch die Frage: "Stellen Sie sich vor, ihr volljähriger Sohn kommt zu Ihnen und erklärt, er sei homosexuell und möchte gerne mit einem anderen Mann zusammen leben. Wie reagieren Sie?"

Obwohl die Homo-Frage nach Protesten bereits 2007 gestrichen wurde (queer.de berichtete), kramt sie der deutsch-türkische Rechtsanwalt und ehemalige FDP-Politiker Mehmet Gürcan Daimagüler (Foto oben) in seinem neuen Buch Kein schönes Land in dieser Zeit - Das Märchen von der gescheiterten Integration (Amazon-Affiliate-Link ) wieder hervor. Die Antwortmöglichkeiten hat er dabei "zum besseren Verständnis aus Verwaltungskauderwelsch ins Deutsche übersetzt":

Wie würden Sie reagieren, wenn ihr Sohn sich als schwul outen sollte?
Antwort a): Ich würde ihn persönlich kastrieren.
Antwort b): Ich würde ihn mit seiner ebenso schnauzbärtigen Cousine zwangsverheiraten (beim Küssen müsste er sich gefühlsmäßig nicht groß umstellen).
Antwort c): Ich würde vor lauter Glück Lambada tanzen und ihm eine Familienpackung Gleitgel schenken.

Lustig? Na ja. Doch wem das Lachen im Halse stecken geblieben ist, sollte auf jeden Fall Mehmet Gürcan Daimagülers eigenen, hervorragenden Kommentar lesen:

Antwort C wäre natürlich der einzig richtige Weg zum deutschen Pass. Die Fragen und Antworten sagen nicht so viel darüber aus, wie der Ali-Normal-Verbraucher so tickt, sondern darüber, wie der Deutsche gerne wäre: weltoffen und supertolerant. Ist er aber nicht. (...) Wenn Leitkultur bedeutet, dass ich die systematisch zum Teil in Gesetzesform gegossene Benachteiligung ganzer Menschengruppen hinnehmen soll, dann kann ich das nicht akzeptieren. Wieso haben Homosexuelle in unserem Land noch immer nicht die gleichen und vollen Bürgerrechte wie die Heterosexuellen? Wieso dürfen die einen Kinder adoptieren und die anderen nicht?

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-w-

#1 Knueppel
  • 07.11.2011, 16:17h
  • So verlogen ich damals den Fragebogen fand, weil er ausgerechnet von CDU-Figuren ins Gespräch gebracht wurde, die sich selbst um's Verrecken nicht an die von Migranten eingeforderte Toleranz und Akzeptanz hielten ...

    Ein Problem ist die, mit angeblicher "religiöser oder kultureller Besonderheit" begründete Aberkennung von elementaren Menschenrechten (z.B. Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit) und massive Herabsetzung uns Schwulen gegenüber, für mich schon. Und da stehen Migranten und ihre Nachkommen für mich nicht unter "Natur- oder Artenschutz" nur weil sie "ja selbst unterdrückt werden".

    Kürzlich gab es bei 3-sat einen Thementag "Türkische Migration nach Deutschland" (Anwerbe-Abkommen etc.). Die Moderatorin Tina Mendelsohn fragte in HH-St.Georg, "in dem es relativ häufig zu Übergriffen junger Türken gegenüber Schwule kommt", einen türkischen Taxifahrer, wie er sich gegenüber Schwulen verhalte. Erst wich der Mann, der einen langen Bart, "in islamischer Tradition" trug, der Frage aus. Dann antwortete er: "Sie wissen dass der Koran Homosexualität verbietet ..." Leider hat Frau Mendelsohn nicht nachgefragt, ob er auch eine Tötung von Schwulen, "gem. Koran" befürworte.

    Dass Homophobie kein Exclusiv-Thema von Migranten ist, weiß ich natürlich. Vor Jahren habe ich, unter meinem Nick "Knüppel", eine Umfrage bei ZEIT-ONLINE erstellt, deren Kommentare mich teilweise "von den Socken gehauen" haben (in diesem vorgeblich liberalen Umfeld der ZEIT-LeserInnen).

    Eine Leserin schrieb, nach Sichtung der Antworten an mich, u.a.

    ‚dame.von.welt’ schrieb am 12.04.2009 um 14.04 Uhr u.a.
    Kommentar # 57
    „(…) Ich habe ja gelegentlich Knüppel dafür kritisiert, dass er mir seine Sexualität ständig so um die Ohren haut. Mache ich nie wieder - es ist selbst hier in Die Zeit offensichtlich mehr als notwendig. 25 von 70 Stimmen vertreten auf die eine oder andere Weise eine Diskriminierung - das macht mich einigermaßen beklommen …“

    Und hier ist der Link zu meiner damaligen Umfrage (im Laufe der Diskussion wurde ich immer ärgerlicher und mein Ton wurde ruppiger)

    bit.ly/pVRFUC
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#2 FoXXXynessEhemaliges Profil
  • 07.11.2011, 17:18h
  • Der Kommentar von Mehmet Gürcan Daimagüler sagt schon alles über die derzeitige Situation in Deutschland für die LGBT-Community aus. Volle Zustimmung!
  • Direktlink »
#3 proletenbalgAnonym
  • 07.11.2011, 17:46h
  • Antwort auf #1 von Knueppel
  • @ micha

    klatsch, klatsch, klatsch.....

    @ knueppel

    Du kannst von Frau Mendelsohn viel lernen.
    Sie hat das insgesamt wirklich sehr gut gemacht.
    Vorbildlich! Sehr durchdacht.

    Wenn sie Mullahs in Gesicht scheissen möchte,
    macht sie das auch sehr gut durchdacht und
    manierlich absolut treffend.

    Mehmet Gürcan Daimagüler war letztens auch in einer NDR-Quassel-Show.
    Bemerkenswert war für mich, wie er rudern und rudern mußte, um den vermutlich sehr aufgeschlossenen anderen Teilnehmern, die Gefühle von Diskriminierung durch soziale UND ethnische Herkunft, auch nur ansatzweise zu vermitteln.

    Selbst in dieser Runde fielen ihm die Mittelschichtssozialisierten kollektiv und unabgesprochen permanent ins Wort,
    um ihm ihre gefühlte Toleranzgeschichte der BRD aufzudrängen.

    Hinter ihm saß seine Neffe Timo. Im Gegensatz
    zu seinem Onkel, schloß er in Deutsch nicht mit 1 ab, sondern mit 1+.
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