(Bild: Guenther_Z/PD)
Eine von der niederländischen Homo-Gruppe COC und der Universität Amsterdam erstellte Studie untersucht die europäische Asylpolitik gegenüber verfolgten sexuellen Minderheiten - und findet viele Kritikpunkte.
In der in sechs Sprachen veröffentlichten Studie "Fleeing Homophobia" listen die Autoren auf rund 100 Seiten die unterschiedlichen Herangehensweisen der europäischen Regierungen auf. Dabei wird beklagt, dass "in einer Reihe von Punkten die europäische Praxis unterhalb der Standards liegt". Ein Kritikpunkt ist, dass Schwule und Lesben nicht automatisch Asyl erhalten, sogar wenn sie aus Verfolgerstaaten kommen. Selbst wenn diese homofeindlichen Gesetze in manchen außereuropäischen Ländern kaum angewendet werden, mache allein deren Existenz unwahrscheinlich, "dass die Behörden Menschen Schutz" gewährten. So ist etwa in vielen europäischen Ländern umstritten, ob Marokko ein Verfolgerstaat ist. Dort stehen offiziell bis zu drei Jahre Haft auf Homosexualität.
Asylpolitik verlässt sich oft auf Klischees
Es wird auch beklagt, dass nationale Regierungen oft in Listen von angeblich sicheren Ländern auch solche Staaten aufgenommen hätten, die Schwule und Lesben verfolgten. Hier kritisieren die Autoren neben Spanien, Frankreich und Großbritannien auch Deutschland. Außerdem bemängeln sie, dass viele Asylentscheidungen auf alten Klischees beruhten: "Stereotype können lesbische Frauen ausschließen, die sich nicht in einer maskulinen Art verhalten, nichteffiminierte schwule Männer und LGBTI-Antragsteller, die verheiratet sind oder Kinder haben", heißt es in der Studie.
Auch "unmenschliche" Tests sind den Autoren ein Dorn im Auge. Hier sorgte zuletzt die Tschechische Republik für Aufsehen, weil Prag im Zweifelsfall die Durchführung von Erektionstests bei Porno-Konsum vorgesehen hat ("phallometrische Tests"). Gegen diese Praxis ist vor wenigen Monaten die EU-Kommission Sturm gelaufen (queer.de berichtete).
Die Autoren fordern, dass Angehörige einer sexuellen Minderheit Asyl in Europa erhalten sollten, wenn sie in ihrem Heimatland verfolgt werden. Der Nachweis der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität sollte demnach auf den Angaben des Antragstellers beruhen. Dabei könne dem Antragsteller nicht angelastet werden, dass er Homo-Treffpunkte nicht kenne, da dies keine Voraussetzung für die sexuelle Orientierung sei. Auch dürften die euorpäischen Länder einen Asylbewerber nicht büßen lassen, wenn er erst später seine Sexualität als Asylgrund nennt. Wichtig sei vor allem, dass das im vergangenen Jahr von der EU gegründete Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen die Asylpolitik besser koordiniert. (dk)