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Bambi-Verleihung
Bushido mit Lob und Kritik ausgezeichnet
- 10. November 2011 4 Min.

Protest von Schwulen und Lesben in Wiesbaden
In Wiesbaden demonstrieren Schwule und Lesben gegen die Bambi-Verleihung an den Rapper, im Fernsehen Peter Plate von Rosenstolz. Bushido selbst vermisst Respekt und Akzeptanz.
Von Norbert Blech
Bei der 63. Bambi-Verleihung ist am Donnerstag Abend der Rapper Bushido für seinen Einsatz für Integration ausgezeichnet worden. Die Verleihung hatte im Vorfeld zu Kritik bei Schwulen- und Lesben- wie auch Frauenverbänden und Politikern geführt (queer.de berichtete).
Eine Facebook-Gruppe gegen die Auszeichnung hatte bis zum Abend mehr als 13.500 Unterstützer gesammelt, auch auf Twitter wurde Bushido ein Riesen-Thema. Zu einer spontanen Demonstration am Austragungsort in Wiesbaden, organisiert von der Gruppe "Warmes Wiesbaden", kamen über 50 Menschen. Die Teilnehmer trugen Plakate wie "Bambi der Schande" oder hielten Songtexte von Bushido hoch.
In der Vergangenheit war Bushido äußerst homophob: So wollte er 2005 ein Lied mit der Textzeile "Ihr Tunten werdet vergast" veröffentlichen, diese wurde aber nach Protesten geändert (in "ihr Tunten werdet verarscht"). In anderen Lyrics und Interviews stellte er mmer wieder klar, dass er Schwule für minderwertig hält. So sagte er 2009: "Ich finde es nicht normal, schwul zu sein". Zugleich sagte er mehrfach, Kritiker zeigten wenig Akzeptanz und Verständnis, auch seien seine Lyrics eine Art Rolle. Als Schwule und Lesben einst gegen ihn protestierten, zeigte er ihnen den Mittelfinger.
Peter Plate kritisiert Bushido

Rosenstolz freuten sich über den Preis, aber nicht ganz
Zu Protest kam es auch drinnen: Nach ihrem Preis für ihr Comeback sagte Peter Plate von Rosenstolz, er freue sich, bei der Verleihung dabei zu sein. Um morgen noch in den Spiegel schauen zu können, müsse er aber etwas sagen. Es sei "sicher richtig", Menschen eine zweite Chance zu geben. Aber einen Sänger auszuzeichnen, der noch vor wenigen Jahren Sachen sang und sagte, die "frauenfeindlich, schwulenfeindlich, schlicht menschenverachtend" seien, finde er "nicht korrekt". Applaus aus dem Publikum (auch von Bushido selbst), zudem hunderte Glückwünsche bei Twitter und Facebook, auch wenn sich einige Nutzer gewünscht hätten, das Duo hätte auch den Preis nicht angenommen.
Weitere Kritik wurde in der Sendung nicht laut. Karl Lagerfeld lobte noch Lady Gaga, weil sie sich unter anderem für die Homo-Ehe einsetze, und das "nie langweilig". Aber auch Lady Gaga, in der Kategorie "Pop International" ausgezeichnet, sagte nichts zu Bushido, obwohl sie zahlreiche Fans aus Deutschland in ihrem Facebook-Profil darum gebeten hatten.
Bunte-Chefredakteurin Patricia Riekel moderierte später die Auszeichung des Rappers an, Bushido habe sich nach oben durchgeboxt. Er habe in der Vergangenheit Gruppen verletzt, aber jeder hätte eine zweite Chance verdient. Heute setze er sich "klar gegen Gewalt und Diskriminierung" ein. Laudator Peter Maffay erzählte etwas von Werten, zu denen auch der Bambi verpflichte, ging aber nicht näher auf die umfangreiche Kritik an dem Rapper ein. Ein Einspielfilm der ARD sagte, Bushido provoziere, aber treffe "den Nerv der Jugend".
Bushido uneinsichtig
Dann betrat Bushido die Bühne, unter dem mäßigen Applaus nicht des ganzen Saalpublikums. Er stellte sich als Opfer dar, der mit "schlimmen Worten" angegriffen werde. Er werde nicht diskutieren, wofür er stehe oder was er gesagt habe. Aber Kritik werde nichts bringen, wenn die Leute nicht bereit seien, "zu akzeptieren, zu respektieren und vor allem zu tolerieren", dass es Menschen gebe, die eine andere Meinung haben.
Er sei nicht mehr der gleiche wie vor zehn Jahren, so Bushido. Nicht wegen den "bösen Blicken, schlimmen Wörtern", sondern weil er gelernt habe, dass das, was er vor zehn Jahren gemacht habe, falsch war (Bushido hat sich übrigens nie von seinen homophoben Texten distanziert oder sich entschuldigt). Aber eigentlich sei ihm auch alles egal, es gebe wichtigeres.
Bereits am Nachmittag hatte Bushido zu der Kritik Stellung bezogen. "Der Vorwurf ist zu Recht da, ich bin ja kein Kind von Traurigkeit", sagte Bushido im Hessischen Rundfunk. "Aber nichtsdestotrotz weiß ich natürlich, was richtig und falsch ist", verteidigte sich der 33-Jährige. Privat sei er anders als in seiner Rolle als Musiker: "Wenn man mich von Mensch zu Mensch anspricht, bekommt man von mir immer die richtige Antwort - egal, was meine Musik sagt".
Der Protest ist damit noch nicht vorbei: Auf Facebook gibt es eine Gruppe, die zum Boykott von Burda-Produkten wie der "Bunte" aufruft. Allerdings fand nicht jeder aus der Szene die Proteste der letzten Stunden gut, so war etwa das Bündnis "Smash Transphobia" von dem "Shitstorm" (Werben und Verkaufen) gegen Burda und den Rapper nicht überzeugt: "Super Werbung für Bushido. Und so ein hübsch eingängiges Feindbild", schrieb es auf die Facebook-Wand von "Kein Bambi für Bushido".
Nachtrag: Die ARD und der Youtube-Bambi-Channel hatten noch besonders kritische Nachfragen an Bushido.
Nachtrag 2: Patrizia Riekel sagte nach der Verleihung im ARD-Nachtmagazin: "Ich wundere mich ein bißchen über die Aufregung. Bushido ist ein Rapper. Und zur Rapperkultur gehören provokante und aggresive Texte." (via Nollendorfblog, das auch ein weiteres Statement von Peter Maffay bietet)
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Applaus von Bushido selbst - da sieht man mal, wie dumm dieser Ex-Kriminelle ist.