Der Bundestag debattiert in diesen Tagen den nächsten Haushalt
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes wird im nächsten Jahr deutlich weniger Geld zur Verfügung haben als noch in diesem. Die Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP lehnte am Donnerstag im Bundestag Änderungsanträge der Opposition ab, die statt der Kürzung eine Verdoppelung der Gelder auf das ursprünglich vorgesehene Niveau gebracht hätten.
2012 stehen der ADS nun knapp über 2,53 Millionen Euro zur Verfügung (zum Vergleich: die mit mehr Befugnissen ausgestattete Equality and Human Rights Commission in Großbritannien kommt auf rund 54 Millionen Euro, Frankreich auf rund 12). Das ist eine Kürzung von knapp 110.000 Euro bzw. vier Prozent und die dritte in Folge, 2009 hatte die Stelle noch 3,24 Millionen Euro zur Verfügung.
Zudem wird der ADS Flexibilität beim Umgang mit einzelnen Haushaltstiteln genommen. Für Offentlichkeitsarbeit stehen so im nächsten Jahr nur 150.000 Euro zur Verfügung; Aufklärungskampagnen über die Rechte von Diskriminierungsopfern sowie Konferenzen, Tagungen und Veranstaltungen zum Antidiskriminierungsschutz lassen sich damit nicht mehr finanzieren, hatte noch gestern Christine Lüders gewarnt.
Lüders, die im letzten Jahr die Leitung von der sich gegen weitere Antidiskriminierungsregelungen aussprechenden Martina Köppen übernahm und seitdem ihre Aufgabe konsequent wahrnimmt, warnte auch, die "Offensive diskriminierungsfreie Gesellschaft", die bundesweit zum Aufbau von Beratungsnetzwerken gegen Diskriminierung beitragen und im Jahr 2012 deutlich ausgebaut werden sollte, sei "akut gefährdet". Regionale Beratungsnetzwerke könnten nun nur noch minimal gefördert werden. Auch eine umfassende Forschung zum Thema "Diskriminierungen im Bildungssektor" sei nicht mehr zu machen (queer.de berichtete).
CDU: Arbeitgeber an den Pranger
Andreas Mattfeldt (CDU Langwedel) ist kein Freund der Anti-Diskriminierung
Von der Warnung und der massiven Kritik der Opposition ließen sich CDU/CSU und FDP nicht beeindrucken. Bei der Debatte zum Etat des Familienministeriums ging Ministerin Kristina Schröder (CDU) erst gar nicht darauf ein. Die Kürzungen verteidigte dafür der Haushaltspolitiker Andreas Mattfeldt (CDU), der früher schon meinte, Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit würden von der ADS "in vielen Fällen dazu benutzt, die Arbeitgeber an den Pranger und unter Generalverdacht zu stellen".
Er habe geschaut, was alles vom Familienministerim gefördert werde, sagte der Abgeordnete zum Beginn der Debatte, und dabei vieles entdeckt, was nicht sinvoll sei angesichts der Not zum Sparen, etwa der 60.000ste Flyer. Es gebe in Deutschland eine regelrechte "Sozialindustrie", und das gelte auch für die Antidiskriminierungsstelle. Diese habe "auch zukünftig noch genug Geld für die Realisierung von Projekten". Die Kritik an den Kürzungen entbehre jeder Grundlage, schließlich habe die Stelle in diesem Jahr nicht mal alle Mittel verbraucht.
Mit dem nicht verbrauchten Geld argumentierte auch Miriam Gruß (FDP). So seien die Mittel für die Öffentlichkeitsarbeit nur zu einem Viertel ausgeschöpft worden. "Die Antidiskriminierungsstelle sollte arbeiten, bevor etwas passiert", so die Abgeodnete recht sinnfrei. Insgesamt nehme die Behörde einen sechsstelligen Betrag mit in das nächste Jahr. Zu dem auch von der ADS-Leiterin erhobenen Vorwurf, damit nicht mehr flexibel arbeiten zu können, gingen die Abgeordneten der Koalition nicht ein.
Opposition kritisiert ideologische Verbortheit
Rolf Schwanitz (SPD Vogtland) polterte am meisten gegen die Regierung
Rolf Schwanitz von der SPD konterte, die Arbeit des Familienminiseriums sei eine Ansammlung von "Passivität und verpassten Chancen". Und der verpassten Signale. Broschüren des Ministeriums zur Halbzeitbilanz erwähnten nicht mal die Antidiskriminierungsstelle, und trotz der Widerstände und des großen Aufschreis werde das Budget gekürzt. Die "Übeltäter" aus der Koalition säßen zwar im Haushaltsausschuss, aber die Signale der Ministerin seien eine "Einladung an Mattfeldt und Co., sich bei diesem Thema auszutoben".
Die Kürzung um 13 Prozent durch den Haushaltsausschuss im Vergleich zum Vorschlag des Ministeriums sei dreist begründet worden: "Die Antidiskriminierungsstelle wurde diffamiert: 'Die können ja nicht mit Geld umgehen'". In Wirklichkeit seien Projekte nun "akut gefährdet". Mit der Schuldenbremse zu argumentieren, zeige nur "intelektuelle Schlichtheit". Die wahren Motive lägen etwa in der "ideologischen Verbortheit" des Kollegen Mattfeldt, wie sie sich in seiner Äußerung vom Pranger gezeigt habe. Die Kürzungen, die nicht im Einklang mit dem Beschluss des Bundestages zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz stünden, seien ein "Rechtsbruch durch die Hintertür".
Auch Politiker und Politikerinnen von Grünen und Linke kritisierten die Kürzungen. So sagte der Linkenpolitiker Jörn Wunderlich, jetzt, wo die Stelle "endlich eine toughe Frau an der Spitze" habe, würden die Gelder gestrichen. Monikal Lazar von den Grünen sagte, nach den Worten des ganzen Bundestages gegen Rechts müssten nun Taten auf Worte folgen. Die Kürzungen "seien nicht nachollziehbar", der bisherige Etat bereits nicht ausreichend. Auch Kürzungen bei der Bundeszentrale für politische Bildung seien inakzeptabel. (nb)
in diesem falle "*nur* ein rechtsbruch durch die hintertür"!
wir kennen das, was unsere rechte angeht auch ganz anders, da fallen diese "gesetzestreuen regierungsvertreter" gleich mit dem ganzen hoftor ins haus !!!