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- 25. November 2011 4 Min.

Bushido ist nach eigenen Angaben genervt, immer auf alte Sachen angesprochen zu werden
Das ZDF bietet dem homophoben Rapper bei "Markus Lanz" Platz zur Selbstvermarktung. Eine Kritik.
Von Norbert Blech
Es gibt drei Möglichkeiten für Redaktionen, mit einer umstrittenen Person umzugehen. Man kann diese ignorieren, man kann sich mit dieser kritisch auseinandersetzen und man kann diese auch einfach nur einladen, um möglichst hohe Quoten zu bekommen.
Im Traum (und vielleicht im Ausland) würde sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen nur für die ersten beiden Möglichkeiten hergeben. In der traurigen Realität saß der homophobe Skandalrapper Bushido gestern bei Markus Lanz (die Sendung in der ZDF-Mediathek), und damit könnte man diese Kritik eigentlich auch schon enden lassen.
Aber machen wir den Versuch: Was würde also der nun aus Gebührengeldern bezahlte ehemalige RTL-Boulevardmoderator machen? Bushido so kritisch befragen wie noch vor kurzem den schwulen Theologen David Berger, dem Lanz vorwarf, die Menschen jahrelang belogen zu haben? Der als weiteren Gast auch noch Gabriele Kuby eingeladen hatte, eine besonders fundamentalistische Katholikin ("Die ganze Gesellschaft wird homosexualisiert. Das ist eine Krankheit, die geheilt werden muss!")?
Leider nicht. Lanz stellte ziellos Fragen, gab mal der, mal der anderen Unwichtigkeit Recht und ließ das Gespräch in die Wirre gleiten, fiel nur einmal kurz mit Haltung auf, um den unwichtigen Bambi als wichtigen Preis zu verteidigen. An einer Stelle, als Bushido sagte, seine problematischen Lyrics und Zitate seien aus den 90ern, konterte Lanz, auf seinen Schreibtisch deutend: "Ich hätte auch ein anderes hier. Aber ich lass es jetzt."
Und alle Fragen offen

Gabi Decker nervte Bushido, kam ihm aber nicht wirklich nah
Kein Wunder, dass das Gespräch nie konkret werden wollte. Lanz sagte einmal, dass Bushidos Musik frauenfeindlich und gewaltverherrlichend sei (homophob war wohl nicht so wichtig), worauf Bushido konterte, nein, das wäre er nie gewesen. Dann wollte die Kabarettistin Gabi Decker dagegen halten, was Bushido allerdings nicht wollte, dann sagte Decker noch, Bushido schaue so böse und unentspannt, dann sagte Lanz: Erst redet Bushido, dann Decker. Dann sprach Bushido über was anderes, Lanz stellte danach jemand anderem eine andere Frage. Das war nach rund 30 Minuten der Sendung und vorher war es nicht besser.
Dort kam vor allem Peter Maffay zu Wort, der gefühlte 1.000 Mal betonte, jeder Mensch habe das Recht, sich zu ändern. Bushido habe diskriminierende, grenzverletzende Lyrics gehabt, das sei aber über zehn Jahre her. Seitdem hat er sich freilich nur mäßig verbessert, aber um das herauszuarbeiten, hätte es eines willigen und fähigen Journalisten oder eines kompetenten Gastes bedurft.
Gabi Decker hat es einmal versucht, Bushido anzugreifen, mit dessen Liedzeile "Ihr Schwule werdet vergast", die später in "Ihr Schwule werdet verarscht" umgewandelt wurde. Bushido sagte dazu sofort "Schwachsinn", habe er nie gesagt, man müsse schon richtig zitieren. Die Sache selbst ist ein wenig kompliziert (zum Nachlesen hier und hier), ein Moderator hätte sie aufklären oder weitere Zitate ins Spiel bringen können. Es ging dann aber sofort wieder um etwas anderes. Danach war auch von Decker nicht mehr viel zu hören, zum einen, weil Lanz wieder Peter Maffay in die Ewigkeit sülzen ließ, zum anderen, weil sich Bushido weigerte, auf eine Frage der "intoleranten" Decker zu antworten.
Eine gewisse Gruppierung
Der Rest der Gäste? Der Autor Richard David Precht verzettelte sich in Nebenaspekten, der Rapper Sido hielt sich zunächst ganz aus dem vermeintlich unwichtigen Thema heraus, sorgte dann aber für die einzige nennenswerte Kurzdiskussion. Lanz zitierte einen schwulenfeindlichen Song von Bushido, worauf Sido sagte, das wäre "ganz normales Gepöbel". Bushido ergänzte "Ich war noch nie schwulenfeindlich" und meinte, Begriffe wie Schwuchtel hätten "doch nichts mit der Homosexualität oder der Sexualität an sich zu tun".
"Leider" betreffe das Schimpfwort zwar "eine gewisse Gruppierung", aber sei wie "cool" oder "Arschloch" nur als Begriff gemeint. Decker: "Aber Arschloch ist keine Minderheit. Wir sind alles Arschlöcher." Ein Punkt für sie gegen Bushido, der viel mehr davon verdient hätte. Aber dabei blieb es. Letztendlich kam Bushido als brav und unproblematisch herüber. Bushido und Maffay meinten, er hätte sich verändert - aber Zuschauer ohne Hintergrundwissen konnten nur erahnen, was er denn vor zehn Jahren noch so schlimmes gemacht habe. Dass er sich seitdem nicht wirklich verändert, erst Recht nicht entschuldigt hat, erfuhren sie auch nicht (ein paar Beispiele hier und hier).
Gabi Decker durfte dann noch kurz zwei Minuten über ein schwules Altersheim reden, für so etwas ist vielleicht eine Talkshow ganz gut. Aber, liebes ZDF: Für Hasssänger gilt das gleiche wie für Volksverhetzer der NPD: Es gilt, sie kritisch bloßzustellen. Und gerade bei Bushido, der sich schnell in Widersprüche verhaspelt, sollte das schnell erreicht sein. Markus Lanz allerdings ist, als Sendung wie Person, dazu völlig ungeeignet.















www.youtube.com/watch?v=drOAoXwrm2Y
schrill fand ich auch kerkelings rap zur französischen revolution. auch auf kosten der steuerzahler.