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- 08. Dezember 2011 5 Min.

Obamas möglicher Herausforderer Rick Perry hält nichts von der Idee, sich für die Rechte von Schwulen und Lesben einzusetzen
Die Inititative der US-Regierung für weltweite LGBT-Rechte hat innerhalb und außerhalb Amerikas für Aufregung gesorgt. US-Präsident Obama hatte am Dienstag einen mehreren Punkte umfassenden Plan zur Unterstützung von Aktivisten und Hilfesuchenden vorgestellt, flankiert von einer engagierten Rede der Außenministerin Hillary Clinton vor Botschaftern (queer.de berichtete).
Das brachte dem Präsidenten vor allem in der Heimat Kritik ein. Das "Family Research Council" ließ verlauten, es sei unglaublich, dass der Präsident "die radikale Idee einer sexuellen Orientierung" im Ausland bewerben wolle. Bei einem anderen Thema würden ihm seine Verbündeten kulturellen Imperialismus vorwerfen. Homosexueller Verkehr sei als Menschenrecht nirgendwo anerkannt, der Präsident sollte besser für weltweite Religionsfreiheit kämpfen.
Auch der Prediger Pat Robertson kritisierte in seiner TV-Sendung, es sei erschreckend, dass Amerika die Akzeptanz von Homosexualität anderen Nationen aufzwingen wolle, sich aber nicht um die Diskriminierung religiöser Minderheiten kümmere. Gott werde das nicht tolerieren: "Wenn das Schicksal kommt, wird es schrecklich werden." Die populäre rechte Radio-Talkerin Janet Mefferd sagte in einer Sendung, Länder wie Nigeria hätten das Recht auf eigene Gesetzgebung. "Können die nicht selbst überlegen, was sie wollen? (...) Immerhin wollen sie [die Schwulen] nicht töten." Matt Barber vom "Liberty Counsel" sagte, es sei "einfach widerlich", dass Obama "den Verfall der Moral in Amerikas Kultur" ins Ausland exportieren wolle.
Rick Perry nutzt US-Schwulenhass
Obamas Initiative könnte auch zum Wahlkampfthema werden: Der Gouverneur von Texas, Rick Perry, sagte, der "Krieg der Regierung gegen die traditionellen Werte Amerikas" müsse aufhören. "Spezielle Rechte für Schwule und Lesben im Ausland zu fördern ist nicht im Interesse Amerikas und verdient keinen Cent aus Steuermitteln." Der Präsident habe die "Toleranz Amerikas für verschiedene Lebensstile mit der Empfehlung bestimmter Lebensstile" verwechselt.
Die Aussage lag damit auch auf dem Niveau seines neuesten Videos, mit dem sich Perry als Präsidentschaftskandidat der Republikaner bewerben will. In dem inzwischen stark kritisierten Clip sagt Perry, er werde Obamas "Krieg gegen die Religion beenden". Es laufe etwas falsch, wenn Schwule offen im Militär dienen könnten aber Kinder in den Schulen weder öffentlich beten noch Weihnachten feiern könnten.
Republikaner kämpfen bereits gegen die Politik
Dass die Republikaner die Regierung für die Initiative angreifen, war zu erwarten: Derzeit blockieren sie im Senat die Benenunng von Mari Carmen Aponte zur offiziellen Botschafterin in El Salvador. Der einzige Grund: Im letzten Jahr hatte sich Aponte, die die Botschaft bereits kommissarisch leitet, in einem Zeitungsbeitrag für Homo-Rechte ausgesprochen. In einer Art Vorgriff auf die neue Initiative hatte Obama im letzten Jahr darum mehrere Botschaften gebeten.
Lob für den Präsidenten kam vor allem von LGBT-Organisationen, darunter auch von GOProud, eine Vereinigung schwul-lesbischer Republikaner (die auch via Twitter einen Mitarbeiter von Rick Perry als schwul outeten). Dan Savage, Initiator der "It gets better"-Kampagne, sagte, er habe seinem Scheck für den Wahlkampf der Demokraten um eine Null am Ende erweitert. Richard Socarides, Präsident von "Equality Mattters", sagte, das Memorandum des Präsidenten sei weniger eine neue Politik als eine gelungene Artikulierung der Bemühung der letzten Jahre. Clintons "bahnbrechende und wichtige" Rede lobte er "für das tiefe emotionale Verständnis der Probleme von schwulen und lesbischen Menschen". Clinton hätte die Rede im Inland halten sollen, da sie auch passende Antworten auf "rechte Verrücktheiten" geliefert habe.
Kritik aus Nigeria und Uganda
Erste Kritik meldete sich hingegen auch in homophoben Ländern. Nachdem der nigerianische Senat in der letzten Woche ein Gesetz beschlossen hatte, das für Teilnahme an einer Homo-Ehe 10 Jahre Haft vorsieht (queer.de berichtete), wurde es am Mittwoch ins Repräsentantenhaus eingebracht und deutlich verschärft. Mit zehn Jahren soll jeder bestraft werden, der an schwulen Organisationen oder Veranstaltungen teilnimmt oder diese ermöglicht. Obwohl diese zusätzliche Verschärfung bereits letzte Woche angekündigt worden war, gaben sie Parlamentarier als Reaktion auf die US-Inititiative aus. "Wir haben eine Kultur. Wir haben religiöse Ansichten und wir haben eine Tradition", sagte der Abgeordnete Zakari Mohammed. "Wenn [westliche Nationen] uns Hilfe vorenthalten wollen, zur Hölle mit ihnen."
Informationsminister Labaran Maku ergänzte, man nehme sich das Recht heraus, Gesetze zu machen, ohne sich bei anderen Ländern entschuldigen zu müssen. "Einige Dinge, die als fundamentale Menschenrechte im Ausland angesehen werden, können gegenüber der afrikanischen Kultur und Tradition als anstößig betrachtet werden". Maku betonte mehrfach, dass das entsprechende Gesetz noch nicht verabschiedet wurde.
Auch in Uganda, wo Pläne für eine Todesstrafe für Homosexualität demnächst zurück ins Parlament kommen könnten, machte ein Fernsehsender die US-Initiative zum Thema. Er bewundere Präsident Obama, der für Wandel stehe, sagt darin David Bahati, der das Gesetz eingebracht hatte. "Aber Homosexualität ist nicht der Wandel, den die Welt sucht. Sie ist das Böse, das die Welt bekämpfen sollte." Auch andere Abgeordnete kritisierten das Statement der amerikanischen Regierung.
Lob und Sorge aus dem Ausland

Hillary Clinton (r.) traf sich am Dienstag auch mit LGBT-Aktivisten
Obamas Initiative war am Donnerstag vom Präsidenten in einem Memorandum zusammengefasst worden. Unter anderem sollen LGBT-Asylsuchende schnellere und bessere Hilfe erhalten, Botschaften sollen deutlichere Zeichen setzen gegen homophobe Gesetzgebung und einzelne Vorfälle, ein Fonds für Aktivisten wurde aufgelegt. Wenig später hatte US-Außenministerin Hillary Clinton die Menschenrechte von Schwulen, Lesben, Bisexuellen und Transgendern zum einzigen Schwerpunkt bei einer Rede bei den Vereinten Nationen in Genf gemacht. Wie amerikanische Medien inzwischen berichten, sollen einige Botschafter aus dem afrikanischen und arabischen Raum danach bleich den Saal verlassen haben.
Zugleich wurde bekannt, dass Clinton sich zuvor mit Vertretern von LGBT-Organisationen aus aller Welt getroffen hatte. Polina Sawschenko vom LGBT-Netzwerk in St. Petersburg sagte danach, die angekündigte "ernsthafte Diskussion" sei das, was Russland derzeit benötigte. Zoryan Kis aus der Ukraine pflichtete dem bei: "Wir können die Menschen nicht durch Anschuldigungen erreichen, sondern müssen unserer Gesellschaft helfen, LGBT-Rechte zu verstehen und zu akzeptieren." (Weitere Stimmen, darunter aus Uganda und Jamaika)
Es gab aber auch bereits die ersten mahnenden Stimmen. So sagte Neil Grungas, der für schwule und lesbische Asylsuchende in San Francisco arbeitet, die Staaten müssten sich für ihre Initiative Partner vor Ort suchen, ansonsten käme schnell der Vorwurf, amerikanische Werte verbreiten zu wollen. Er erinnerte an eine spontane antischwule Demonstration in Pakistan, als in der amerikanischen Botschaft Gay Pride gefeiert wurde. "Die Sache darf nicht als rein amerikanische Sache gesehen werden, das wäre kontraproduktiv." (nb)













Die Frage bleibt aber, ob schwule Republikaner z. B. , die sich hier manchmal aus der Versenkung trauen, soviel beherzten Einsatz überhaupt verdient haben...