Manche wollen auch im Urlaub auf ihr "Riechwasser" nicht verzichten. In den Koffer, ins Handgepäck oder besser zu Hause lassen?
Von Carsten Weidemann
Ist Poppers im Ausland erlaubt oder verboten? Was kann passieren, wenn der mexikanische Zoll das kleine braune Fläschchen im Urlaubskoffer entdeckt? Muss man im strengen Singapur um sein Leben fürchten, wenn man mit Poppers erwischt wird?
Diese Fragen sind fast so schwer zu beantworten wie die Frage nach dem Sinn des Lebens. Denn der Schnüffelstoff steht in der internationalen Drogen-Hierachie so weit unten, dass selbst Experten bei Behörden und Polizei auch nach Recherchen nicht wissen, ob Verkauf oder Besitz erlaubt oder verboten sind.
Bei unseren Anfragen an die Gesundheitsbehörden europäischer Länder über den Status von Poppers kam meist nur Schweigen zurück. "Wir kümmern uns um richtige Drogen, nicht um Kinkerlitzchen", so ein Beamter einer skandinavischen Behörde entnervt am Telefon. So viel steht indes fest: In den meisten Ländern ist die Benutzung von Poppers kein Problem.
Grundsätzlich ist Poppers in Europa ein verschreibungspflichtiges Medikament und darf daher wie in Deutschland offiziell nicht verkauft werden – zumindest nicht als Medikament oder Droge. Denn in Staaten wie den Niederlanden oder England sieht man das nicht so genau. So deklarieren die korrekten Briten die beliebte Marke "Rush" als "Room Odouriser" ("Raumduft") um. Augenzwinkernd weisen die Verkäufer in Sex-Shops darauf hin, dass das ganze natürlich nicht geschnüffelt werden darf. Es darf dort zwar nicht als Droge verkauft werden, wenn es aber danach als solche benutzt wird, ist das völlig in Ordnung. Denn sobald man Poppers in Britannien in seinen Besitz gebracht hat, kann man damit machen, was man will.
500 Kronen Strafe für Poppers-Besitz in Dänemark
Wer nicht nur im eigenen Schlaf-, sondern auch im Hotelzimmer schnüffelt, kann dennoch Probleme bekommen (Bild: Christian Scheuß)
Dänemark ist eines der wenigen Länder, die gesetzlich den Besitz von Poppers verboten haben. 2004 hat der rechtsliberale Gesundheitsminister Lars Løkke Rasmussen eine Strafe von 500 dänischen Kronen (67 Euro) bei widerrechtlichem Besitz von amyl- und isobutylhaltigen Substanzen durchgesetzt. Die große Poppers-Verfolgung durch die Polizei blieb allerdings aus.
Es ist nicht bekannt, dass die dänischen Behörden nun reihenweise Leder-Reinigungssets und ähnliches beschlagnahmen, die in vielen anderen Ländern verkauft werden – teilweise als Reinigungsmittel, obgleich die wenigsten damit wirklich Haushaltsgegenstände sauber machen. So sind in Sexshops in den USA neben den bekannten rauen DVDs, Dildos und Gummipuppen auch Sahnekapseln und Tonkopfreiniger zu haben – und das nicht, weil die Amerikaner gerne beim Sex ihren Kassettenrekorder reinigen und dabei ein Eis mit Sahne zu sich nehmen. Die Sahnekapseln enthalten die Modedroge Lachgas, die Reinigungssets sind Poppers pur.
Verboten ist die Einfuhr von Poppers in die USA (wahrscheinlich) nicht. Wie in vielen anderen Ländern ist Amylnitrit auch hier eine Grauzone. Die Drogenbehörde DEA (Drug Enforcement Agency) wusste bei einer Anfrage nicht, was Poppers überhaupt ist. Es sei nicht auf der Liste der Substanzen, die sie bekämpfe. Ob sie aber illegal ist, konnte die Behörde nicht sagen. Normalerweise ist Poppers damit in den Staaten kein Problem, speziell wenn es als Tonkopfreiniger auf der Flasche bezeichnet wird.
Nur im Handgepäck auf Flugreisen sollte sich die Flüssigkeit wie alle stark brennbaren Materialien nicht befinden. Schließlich könnte ein Terrorist das Fläschchen als Waffe benutzen, so die Ansicht des Heimatschutzministeriums. Als brennbare und leicht entzündliche Flüssigkeit ist Poppers allerdings offiziell selbst im aufgegebenen Koffer verboten (queer.de berichtete) – wobei aus der Praxis keine Probleme bekannt sind.
USA: Vom Medikament zum "verbotenen Gefahrgut"
Wer auf Nummer sicher gehen möchte, lässt das Riechwasser am besten zu Hause im Kühlschrank
Alkylnitrit hatte ohnehin eine Achterbahnfahrt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten hingelegt. Einst ein reguliertes Medikament, wurde die Verschreibungspflicht im Jahre 1960 aufgehoben. Danach berichteten Apotheker von einem gestiegenen Verkauf an "nicht-medizinischem Gebrauch". Schließlich revidierte die US-Gesundheitsbehörde FDA ihre Entscheidung im Jahre 1969, Amylnitrit war fortan wieder eine "Prescription Drug", erfreute sich aber gerade in der Schwulenszene wachsender Beliebtheit. Im Rahmen der Aids-Hysterie hat die konservative Regierung im Jahre 1989 Poppers als "verbotenes Gefahrgut" klassifiziert. Daraufhin begann die Industrie, Cyclohexylnitrit als Ersatz für Amylnitrit zu verkaufen – jetzt deklariert als Reinigungsflüssigkeit für Tonköpfe.
Poppers bleibt unter dem Radar der Behörden in den meisten Ländern. So sagt auch die belgische Gesundheitsbehörde, dass sie zwar keine Aufklärungskampagnen betreibe, das bereits seit 1946 nur kontrolliert abgegebene Medikament aber als "Problem" erkannt worden sei. Man könne jedoch nichts gegen den Vertrieb tun, da viele Belgier große Mengen der Droge aus den Niederlanden ins Königreich brächten. Die belgische Gesundheitsbehörde betreibe aber Lobbyarbeit beim "European Monitoring Centre for Drugs and Drug Addiction" mit Sitz in Lissabon, um die Droge europaweit verbieten zu können. Viel Erfolg haben die Belgier allerdings nicht damit: Die EMCDDA erwähnt in ihren Berichten Poppers mit keinem Wort, sondern konzentriert sich auf Ecstasy, Kokain und Co.
In den meisten Ländern weiß man: Poppers erzeugt keine Junkies, auch gibt es keine kolumbianische "Poppers-Mafia", die versucht, ihre Marktanteile durch Mord und Totschlag zu halten. Poppers ist eine Grauzone. Natürlich kann es im Zweifelsfall zu Problemen führen, gerade wenn Grenzbeamte nicht wissen, um was für eine Substanz es sich da handelt. Darum sollte Poppers auf Reisen stets unauffällig etikettiert mitgeführt und nicht direkt vor Polizisten geschnüffelt werden.
Warnhinweis der Redaktion: Poppers-Konsum kann zu einer psychischen Abhängigkeit führen. Der Mischkonsum von Poppers mit Viagra oder anderen Phosphodiesterase-5-Hemmern wie Cialis oder Levitra kann zu einem plötzlichen und lebensgefährlichen Abfall des Blutdrucks führen
Wenn sich Schwule das Hirn wegschnüffeln oder nen Herzkasper bekommen interessiert es eben niemanden.
Neu war für mich dass man sich in den USA jetzt Lachgas reinzieht, wieder was dazu gelernt...