Hetero vom Dienst: Moritz von Uslar, Jahrgang 1970, war u.a. Redakteur beim "Spiegel". Derzeit ist er für die "Zeit" tätig
Micha Schulze schreibt an den Journalisten Moritz von Uslar, der in der aktuellen Ausgabe des Politikmagazins Cicero eine Liebeserklärung an den homophoben Bambi-Gewinner Bushido veröffentlicht hat.
Lieber Moritz von Uslar!
Auch ein renommierter Autor kann mal so richtig daneben greifen: In der aktuellen Ausgabe des seriösen Politmagazins "Cicero" durfte ich einen Text von Dir lesen, dessen Stil wie Inhalt mich erschaudern ließ: Denn ausgerechnet in Form einer Liebeserklärung ("I love the guy") hast Du den homophoben Rapper und Bambi-Gewinner Bushido als einen von sieben "Aufsteigern des Jahres" nominiert.
Formal kann man den unterbelichteten Aso-Musiker sicher als "Aufsteiger" durchgehen lassen, Deine Begründung stellt jedoch die Verhältnisse auf den Kopf: Weil sich Bushido weigere, ein "weiterer trostloser Gutbürger" zu sein, hat er Deiner Meinung nach nämlich für Deutschland nur Gutes getan: "Man könnte fortfahren mit der These, dass Bushidos Pöbeltexte viel Aufregung ausgelöst haben und damit, auf verquere Art, so viel für die Akzeptanz von Homosexuellen und anderen Minderheiten getan haben wie alle tapfer kämpfenden Schwulenverbände und rosafarbenen Aktionsgruppen."
Von Uslar und Bushido als intellektuelles Traumpaar
Notorisch homophober Rapper: Wird Bushido von Uslars Liebe erwìdern? (Bild: Wiki Commons / Gabriel Scherm / CC-BY-SA-3.0)
Wie bitte, mein schwarz-weiß-farbener Hetero? Hass ist gut für die Demokratie? Gewaltaufrufe der Nährboden für ein tolerantes und solidarisches Miteinander? Da scheint sich ja wirklich ein intellektuelles Traumpaar gefunden zu haben. Mit Verlaub, Deine Ausführungen sind sogar noch wirrer als die Dankesrede Deines geliebten Rappers auf der Bambi-Verleihung. Oder hast Du gedacht, Dein Text ist für "Titanic" und nicht etwa für "Cicero"?
Natürlich nimmst Du Bushido auch vor dem bösen Rosenstolz-Sänger Peter Plate in Schutz - dem einzigen Teilnehmer der Burda-Gala, der die Stirn hatte, die aberwitzige Verleihung des "Integrations"-Bambis an den Hass-Rapper als "nicht korrekt" zu bezeichnen. Um Plate und Co-Sängerin Anna R. zugleich als die wahren Übeltäter zu entlarven: "Offen ist die Frage, ob der eklige Bandname Rosenstolz das ästhetische Empfinden von nicht mindestens so vielen Menschen verletzt hat wie alle Pöbeltexte von Bushido zusammen."
Weil mir nun schlichtweg die Worte fehlen, zitiere ich einfach aus dem Song "Berlin" Deines verehrten Rapper-Schatzis. Dort heißt es u.a.: "Berlin wird wieder hart, denn wir verkloppen jede Schwuchtel."
Pass also gut auf Dich auf, mein lieber Moritz, wenn Du in Deiner Wahlheimat auf die Straße gehst!
Dem Inhalt Deiner Erwiderung an den "Cicero" Journalisten Moritz von Uslar schließe ich mich an.
Etwas anderer Ansicht bin ich bei Deiner Titulierung des Magazins, in dem von Uslar schreibt: "(...) In der aktuellen Ausgabe des seriösen Politmagazins "Cicero" ..."
Nun, ich habe "Cicero" ganz anders in Erinnerung und gebe einige Hinweise:
- Im reaktionären Machwerk der weit rechts stehenden Autorin Eva Herman "Das Eva-Prinzip" war eine Journalistin Ghostwriter, die bei welchem Blatt arbeitete? Richtig, beim "Cicero"
- Der Ex-Chefredakteur und Gründer des "Cicero", Wolfram Weimer fiel in zahlreichen Talkshows als glühender Verfechter der neoliberalen Irrlehre nicht nur mir unangenehm auf.
- Auch der einst rechtsliberal agierende Nachfolger von Weimer, der ehemalige ZEIT Herausgeber Michael Naumann gehört zum Umfeld der zu Recht verrufenen sog. "Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft" (I.N.S.M.), die u.a. maßgeblich für die "Agenda 2010" (incl. Hartz IV, Rente mit 67 = reale Rentenkürzung, Studiengebühren etc.) verantwortlich ist.
Also, ich finde Herr von Uslar passt vorzüglich in das mediale Umfeld, aus dem heraus er seine Anbiederungen an homophobe Muttersöhnchen schreibt.