Premierminister Stephen Harper hat sich früher für die Wiederherstellung der "traditionellen Definition" der Ehe eingesetzt
Rolle zurück in Kanada? Am Donnerstag wurde das Schreiben eines Mitarbeiters des Justizministeriums veröffentlicht, in dem die Legalität von 5.000 gleichgeschlechtlichen Ehen bezweifelt wird.
Sean Gaudet, Anwalt im Justizministerium, argumentiert einem Bericht der Tageszeitung "Globe and Mail" zufolge, dass in Kanada geschlossene gleichgeschlechtliche Ehen von Ausländern nur gültig sind, wenn sie am Wohnort des Paares auch gültig wären. Damit wären auch gleichgeschlechtliche Eheschließungen von Deutschen nichtig, da es hierzulande zwar eingetragene Lebenspartnerschaften gibt, Schwulen und Lesben das Recht auf Ehe aber nach wie vor verweigert wird. Mehr als ein Drittel der in Kanada geschlossenen 15.000 gleichgeschlechtlichen Ehen könnten durch diese Interpretation ungültig sein.
Den Fall ins Rollen gebracht hatte ein lesbisches Paares, das sich scheiden lassen will. Die beiden Frauen - eine stammt aus Großbritannien, die andere aus dem US-Bundesstaat Florida - haben 2005 in Toronto geheiratet, wollen sich nun aber getrennte Wege gehen. Dies sei nicht möglich, argumentiert Gaudet, da ein Paar ein Jahr in Kanada gelebt haben müsse, damit eine Scheidung gewährt werde. Wegen dieser Regelung sei die gesamte Ehe ungültig.
Homogruppen und Bürgerrechtsaktivisten kritisieren nun die konservative Regierung unter Premierminister Stephen Harper, die 2005 die Öffnung der Ehe durch die damalige liberale Regierung strikt abgelehnt hatte. Als die Konservativen schließlich ein Jahr später an die Macht kamen, konnten sie keine Rückabwicklung der gleichgeschlechtlichen Ehe durchsetzen - obwohl Harper stets betont hatte, dass er die "traditionelle Definition" der Ehe wiederherstellen wolle.
Will die konservative Regierung Homo-Paaren das Eherecht entziehen?
Nun glauben einige Beobachter, dass die Konservativen gezielt gegen gleichgeschlechtliche Paare vorgehen wollten. So erklärte die Abgeordnete Olivia Chow von der sozialdemokratischen NDP, dass die Regierung nun offenbar glaube, die Homo-Ehe durch die Hintertür wieder einschränken zu wollen. Die Bürgerrechtsanwältin Martha McCarthy aus Toronto erklärte empört: "Es ist skandalös und unglaublich, dass die Regierung diese Position einnimmt, ohne das The,a je angesporchen zu haben. Schließlich werden bereits seit Jahren Eheurkunden an Ausländer abgegeben".
Die konservative Regierung wurde offenbar von der Veröffentlichung der Dokumente überrascht. Bei einer Pressekonferenz erklärte Premierminister Harper, dass er nicht vorhabe, das Thema erneut auf die Tagesordnung zu setzen. Er werde sich weiter informieren, um eine "pragmatische Lösung" anzubieten.
Ein ähnliches Vorhaben, die Ehe-Rechte von auswärtigen Schwulen und Lesben einzuschränken, gab es bereits nach der ersten Einführung der Homo-Ehe in den USA: 2004 öffnete der Bundesstaat Massachusetts die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare. Daraufhin setze der damalige republikanische Gouverneur Mitt Romney ein Gesetz aus dem Jahr 1913 gegen auswärtige Homo-Paare ein (queer.de berichtete). Dieses Gesetz besagte, dass Massachusetts nur Ehen anerkennen würde, die im Heimatstaat der Heiratswilligen auch anerkannt werden würde. Die Regelung war einst eingeführt worden, um interrassische Hochzeiten zu verhindern - statt gegen Dunkelhäutige wurde sie nun gegen Schwule und Lesben angewandt. Erst 2008 schaffte der Nachfolger von Romney im Gouverneursamt, der Demokrat Deval Patrick, das Gesetz ab (queer.de berichtete). (dk)