Erzbischof John Sentamu (Bild: York Minster / flickr / by-sa 2.0)
Die britische Regierung handele wie eine Diktatur, wenn sie die Ehe für Schwule und Lesben öffnen wolle, erklärte der zweithöchste Würdenträger der englischen Staatskirche.
John Sentamu, der Erzbischof von York und Primas der anglikanischen Kirche, hat in einem Interview mit dem "Daily Telegraph" Premierminister David Cameron scharf angegriffen, weil er die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben in Aussicht gestellt hatte: "Die Ehe ist eine Beziehung zwischen Mann und Frau. Ich denke nicht, dass der Staat bestimmen soll, was eine Ehe ist. Tradition und Geschichte legen das fest. Man kann das nicht über Nacht ändern, egal, wie mächtig man ist", so Sentamu.
Der 62-Jährige verglich daraufhin die konservativ-liberale britische Regierung wegen ihrer Haltung zu Homo-Rechten mit autoritären Regimen: "Wir haben gesehen, wie Diktatoren [die Neudefinition der Ehe] in verschiedenen Zusammenhängen versucht haben. Ich will nicht die sehr klaren gesellschaftlichen Strukturen neu definieren, die es schon eine lange Zeit gibt. Dann kommt über Nacht der Staat daher und glaubt, er könne daran etwas ändern." Das sei so, als ob die Kirche plötzlich zu einem Arm der britischen Streitkräfte gemacht werden würde. "Man würde damit vollkommen mit der Tradition brechen", so Senatmu.
Ehe-Öffnung bis 2015 angekündigt
Premierminister David Cameron (Bild: World Economic Forum / flickr / by-sa 2.0)
Die konservativ-liberale britische Regierung hatte im vergangenen Jahr angekündigt, bis 2015 die Ehe für Schwule und Lesben öffnen zu wollen (queer.de berichtete). Auf dem Parteitag seiner bislang eher homoskeptischen Tories bekräftigte Premierminister David Cameron die Forderung nach einer Gleichstellung: "Die Gesellschaft wird stärker, wenn wir Verantwortung übernehmen und einander unterstützen. Ich bin nicht für die Ehe-Öffnung, obwohl ich ein Konservativer bin; ich unterstütze die Ehe-Öffnung, weil ich ein Konservativer bin", so Cameron im Oktober 2011 (queer.de berichtete).
Sentamu stammt ursprünglich aus Uganda und arbeitete dort als Anwalt. Nachdem er sich mit dem Regime Idi Amins überworfen hatte, floh er 1974 nach Großbritannien. Dort begann er eine Karriere in der anglikanischen Staatskirche und ist nun als "Primas von England" der zweitwichtigste Kleriker nach dem Erzbischof von Canterbury, Rowan Williams.
Sentamu hat sich wiederholt gegen Homo-Rechte ausgesprochen: So war er einer von nur vier Bischöfen, die 1999 nicht den "Cambridge Accord" unterzeichnen wollten. Dieses inner-anglikanische Abkommen besagt, dass auch die Menschenrechte von Homosexuellen geachtet werden müssten. Spezifisch heißt es darin, dass Schwule und Lesben nicht staatlich verfolgt werden sollten und dass alle Menschen in den Augen Gottes mit Respekt und Würde behandelt werden müssten.
Die Church of England ist wie die deutsche evangelische Kirche in ihrer Bewertung von homosexuellen Menschen gespalten. So dürfen schwule oder lesbische Pfarrer zwar eine eingetragene Partnerschaft eingehen, müssen aber - anders als ihre heterosexuellen Amtskollegen - zölibatär leben. (dk)