Menschenrechtsminister Samir Dilou hat kein Interesse, sich für die Rechte von sexuellen Minderheiten einzusetzen
In einem Fernsehinterview hat der tunesische Menschenrechtsminister Samir Dilou Homosexualität als Perversion bezeichnet und Schwulen das Recht auf freie Meinungsäußerung abgesprochen.
Dilou sprach sich in einer am Samstag ausgestrahlten Talkshow für ein Verbot des Homo-Magazins "Gayday" aus, das erst im März 2011 gegründet worden ist: "Ja, die Redefreiheit hat Grenzen. [Schwule] leben als Bürger in diesem Land, aber sie müssen die Grenzen akzeptieren, die von Religion und Tradition gesetzt werden." Er sei gegen die Veröffentlichung des Magazins, "obwohl ich der Menschenrechtsminister bin". Außerdem stimmte er mit dem Moderator überein, dass Homosexualität eine Perversion sei, die medizinisch behandelt werden müsse.
In Tunesien steht auf Homosexualität drei Jahre Haft. Auch nach dem Ende des Regimes von Diktator Ben Ali soll an diesem Gesetz nicht gerüttelt werden. Bei der Wahl zur verfassunggebenden Versammlung im Oktober 2011 ging mit 37 Prozent die gemäßigt islamistische Ennahda-Partei, die Homosexualität aus religiösen Gründen ablehnt, als stärkste Kraft hervor. Ihr gehört auch der Menschenrechtsminister an.
Hintergrund für die homophobe Rhetorik könnte eine Rufmord-Kampagne gegen die Islampartei sein, in der hochrangige Funktionäre als schwul bezeichnet werden. So wurde zuletzt im Januar ein verschwommenes Video anonym veröffentlicht, das den Ennahada-Innenminister im Bett mit einem Mann zeigen soll (queer.de berichtete).
Homophobie ist "politische Waffe"
Das Magazin "Gayday" erscheint seit März 2011
Der Chefredakteur des Magazins "Gayday" erklärte in einem Interview mit "Gay Star News", dass sich in Tunesien die Lage für Schwule und Lesben verschärfe: "Es fühlt sich so an, als ob das Thema Homosexualität nicht länger ein Tabu ist. Im Internet nimmt die Zahl an homophoben Posts gerade stark zu", erklärte der Journalist, der nur seinen Vornamen Fadi nennen will. Homophobie werde derzeit verstärkt als politische Waffe eingesetzt.
Viele weltliche Tunesier befürchten, dass die Wahl der gemäßigten Islamisten der erste Schritt in einen Gottesstaat sein könnte. Die Ennahda-Partei hat aber in den vergangenen Monaten versucht, diese Befürchtungen zu zerstreuen. So versicherte der Vorsitzende Rachid al-Ghannouchi im Oktober letzten Jahres, dass seine Bewegung nicht anstrebe, Homosexualität und Atheismus zu bestrafen, den Erwerb und Genuss von Alkohol zu verbieten oder Frauen zu benachteiligen (queer.de berichtete).
In Tunesien gibt es derzeit - anders als in Ländern wie Ägypten - keine Berichte über eine systematischen Verfolgung von Schwulen, es gibt aber vereinzelt Meldungen von Polizeigewalt. Homosexualität gilt außerdem als Zeichen westlicher Dekadenz, wodurch ein offen schwules Leben im Land praktisch unmöglich ist. (dk)
Youtube | Video der Talkshow mit Minister Samir Dilou (auf Arabisch)
Dann kam die "sexuelle Befreiung" aus Richtung Europa und den USA. Die jungen Männer sollten plötzlich "gay" und "queer" sein und Fahnen mit "Gay Pride" schwenken. Das Internet tat ein Übriges.
Jetzt wird Homosexualität thematisiert und es gibt erste schwule Zeitschriften, was natürlich nur eine einzige Folge haben kann: Der Haß der religiösen Moslems auf diese vermeintlich "aus dem Westen importierte Dekadenz"!
Ergebnis ist, dass die Verfolgungen immer größer werden und der Haß der konservativen moslemischen Gesellschaft in diesen "Schwulen" einen Sündenbock gefunden hat.
Wird es soweit kommen, dass auch in Nordafrika die Schwulen an Baukränen hängen wie im Iran?