Ein US-Berufungsgericht hat am Dienstag den Volksentscheid Proposition 8 für verfassungswidrig erklärt, weil der einzige Zweck der Abstimmung gewesen sei, "den Status und die Menschenwürde von Schwulen und Lesben in Kalifornien herabzustufen". Die drei führenden republikanischen Präsidentschaftskandidaten zeigen sich nun über diese Begründung empört. Während das Weiße Haus schweigt, sprechen sie praktisch mit einer Stimme: Die Richter, so die empörten Moralapostel, betrieben mit ihrer Entscheidung Politik und setzten nicht die Intention der "Founding Fathers" um – also jener Sklavenhalter, die 1776 die amerikanische Unabhängigkeitserklärung unterschrieben haben. queer.de dokumentiert auszugsweise die drei Reaktionen:
Wendehals Mitt Romney ließ seine Berater folgende Erklärung verbreiten:
Heute haben nicht gewählte Richter das kalifornische Volk beiseite geschoben, das für die traditionelle Ehe gestimmt hat. Die Entscheidung beendet diesen Kampf nicht, der jetzt, wie ich erwarte, zum Supreme Court geht. Ich glaube, dass die Ehe eine Verbindung zwischen Mann und Frau ist. Als Präsident werden ich die traditionelle Ehe schützen und Richter ernennen, die die Verfassung so interpretieren, wie sie geschrieben worden ist und nicht ihre eigenen politischen Überzeugungen und Vorurteile mitbringen.
Newt Gingrich wird schon fast poetisch:
Die Verfassung der Vereinigten Staaten beginnt mit den Worten: "Wir, das Volk". Sie beginnt nicht mit den Worten: "Wir, die Richter". Bundesrichter müssen das endlich anerkennen. Bundesrichter müssen ihre eigenen politisichen Ansichten dem Recht des Volkes unterwerfen, das über die Definition der Ehe entscheiden darf… Juristische Lösungen schaffen nicht strittige gesellschaftliche Fragen aus der Welt.
Schließlich sieht Rick Santorum nach dem Urteil – mal wieder – das Ende der Gesellschaft gekommen:
Die heutige Entscheidung des 9. Berufungsgerichtes steht in einer langen Tradition von radikalen politischen Urteilen, die dieses Hallodri-Gericht verkündet hat. Das ist der Grund, warum ich dieses Gericht abschaffen und aufsplitten will. Die Ehe ist – und wurde immer – als Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau definiert. Wir können einfach nicht 50 verschiedene Definitionen der Ehe erlauben. Das kalifornische Volk hat an der Wahlurne klar zum Ausdruck gebracht, dass es die Ehe als traditionelle Einrichtung zwischen einem Mann und einer Frau sieht. Es ist ein Fehler, dass sich ein Gericht anmaßt, den Willen des Volkes zu missachten – dazu in einer Frage, die von grundsätzlicher Bedeutung für die Grundlagen unserer Gesellschaft ist.
Die Entscheidung geht nun an den Supreme Court in Washington, das politischste aller Gerichte. Hier amtieren neun Richter auf Lebenszeit, je zwei sind von Ronald Reagan, Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama ernannt worden, einer von George Bush senior. Nicht alle machen Parteipolitik – manche, wie der von Reagan ernannte Richter Antonin Scalia, stimmen jedoch aus Prinzip gegen Homorechte. Das führt zu recht zufälligen Entscheidungen: So entschied der Gerichtshof 1986 mit fünf gegen vier Stimmen, dass schwuler Sex von den Bundesstaaten verboten werden darf (Bowers v. Hardwick). 17 Jahre später entschied das selbe Gericht mit sechs gegen drei Stimmen, dass "Sodomy Laws" illegal sind, weil sie das in der Bundesverfassung garantierte Recht auf Privatsphäre verletzten (Lawrence v. Texas). (dk)
Übrigens ist in USA-Land nicht überall die Ehe eine Verbindung zwischen Mann und Frau. Es geht auch mit Vielweiberei in einigen Gegenden, so wie in der Bibel beschrieben.