Staatlich sanktionierte Homophobie: Angriff auf einen Teilnehmer des CSDs in St. Petersburg
Trotz internationaler Proteste hat die Stadt St. Petersburg öffentliche Diskussionen über Homosexualität unter Strafe gestellt.
Wie die Nachrichtenagentur Interfax meldet, hat der Stadtrat der zweitgrößten russischen Stadt am Mittwoch das Gesetz in dritter und letzter Lesung ohne Aussprache beschlossen. 29 Stadträte votierten für den Antrag, fünf dagegen und ein Abgeordneter enthielt sich der Stimme. Das Gesetz verbietet aus vermeintlichen Jugendschutzgründen "öffentliche Aktivitäten", die Werbung für "Unzucht, Lesbischsein, Bisexualität und Transgender-Identität" sowie für Pädophilie machen.
Als Strafe sind 5.000 Rubel (rund 128 Euro) für Privatpersonen vorgesehen, 50.000 Rubel für Beamte wie Richter und Lehrer und 250.000 bis 500.000 Rubel für Organisationen. Das Gesetz muss noch vom St. Petersburger Gouverneur unterzeichnet werden und tritt dann zehn Tagen später in Kraft.
Der Initiator des Gesetzes, Witali Milonow, freute sich vor Reportern über die Verabschiedung und kündigte an, bei der nächsten Sitzung des Stadtrates die Behörden dazu aufzurufen, gegen die deutsche Band Rammstein und den Organisator eines Konzertes der Band in St. Petersburg am 13. Februar vorzugehen. Auf der Bühne sei ein entsprechender "schamloser" homosexueller Akt vorgeführt worden, während das Konzert ab 14 Jahren zugänglich gewesen sei, so Milonow. Zwar gebe es keine Rückwirkung des Gesetzes, so der Politiker weiter, aber "das große russische Recht" werde schon Wege zu einer Verurteilung finden.
Ein Verbot gegen Homo-Propaganda gibt es bislang schon in drei eher abgelegenen russischen Verwaltungsbezirken: 2006 hat die Regionalregierung von Rjasan ein derartiges Gesetz erlassen, im vergangenen Jahr folgte Archangelsk und Kostroma. Dort sind bereits Homo-Aktivisten zu Geldstrafen verurteilt worden.
80 Menschen demonstrierten am Dienstag in Berlin
Protestaktion am Dienstag in Berlin (Bild: Dasha Zorkina)
In den vergangenen Wochen hat es international Proteste gegen den Petersburger Gesetzentwurf gegeben. Erst am Mittwoch gab es Demonstrationen in den zwei größten deutschen Städten: 80 Homo-Aktivisten protestierten am Mittag vor dem Brandenburger Tor, in Hamburg machten 50 Menschen vor der russischen Botschaft ihrem Unmut Luft. Die Aktionen sind vom Lesben- und Schwulenverband (LSVD) und Quarteera, einer Gruppe Gruppe russischsprachiger LGBT in Deutschland, organisiert worden.
In den vergangenen Tagen haben in Deutschland auch Politiker versucht, die Verabschiedung des Gesetzes zu verhindern. So hat die Bürgerschaft in Hamburg, Partnerstadt von St. Petersburg, unlängst einstimmig das Gesetzesvorhaben gerügt. In Berlin haben Parlamentarier aller fünf Fraktionen im Abgeordnetenhaus einen Offenen Brief an den St. Petersburger Stadtrat geschickt, in dem es heißt: "Das Gesetzesvorhaben fördert Vorurteile und führt zur Ausgrenzung von sexuellen Minderheiten. Dies ist kein Ausweis für eine demokratische Kultur und tolerante Gesellschaft. Es schürt so bewusst Ängste bis hin zu Homophobie und Hassgewalt. Dies nehmen wir mit Besorgnis zur Kenntnis."
Unter dem Gesetz wären nicht nur CSDs generell verboten, auch die HIV-Präventionsarbeit würde gefährdet werden. Kritiker erklärten, das Gesetz verstoße gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die auch von Russland unterschrieben worden ist. Aufgrund einer Verurteilung in Rjasan ist bereits eine Klage vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof anhängig. Wegen der Überlastung des Straßburger Gerichts kann eine Entscheidung jedoch Jahre in Anspruch nehmen. (dk)
Против / Dagegen / 5 (alle "Jabloko")
Воздержался / Enthielt sich / 1*
Не голосовали / Nicht abgestimmt / 15
pics.livejournal.com/rus_lgbtnetwork/pic/0001yk1z/
ru-antidogma.livejournal.com/1359714.html#cutid1
* dieser "Jabloko" (Maxim Resnik) enthielt sich, da er aus religiösen Gründen nicht dagaen stimmen konnte.