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"Neues Zeichen für eine neue Zeit"
Bundeswehr tritt "Charta der Vielfalt" bei
- 02. März 2012 2 Min.

Staatssekretär Thomas Kossendey, Leutnant Martin Zehe und Integrationsbeauftragte Maria Böhmer mit der Charta der Vielfalt (Bild: Bundeswehr)
Ein Vertreter des Verteidigungsministeriums hat am Dienstag die "Charta der Vielfalt" unterzeichnet. Mit der Unterschrift verpflichtet sich die Bundeswehr, ein vorurteilsfreies Arbeitsumfeld zu schaffen.
"Auch in der Bundeswehr spiegelt sich die Vielfalt der Gesellschaft in großen Teilen wider", erklärte Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey. Der CDU-Politiker betonte, dass die Bundeswehr bereits heute mit dem Leitbild des Staatsbürgers in Uniform den Menschen in den Mittelpunkt stelle: "Gemeinsam mit den genannten Integrationsfaktoren bieten sie Diskriminierungen keinen Nährboden und führen idealerweise zu einer echten gegenseitigen Wertschätzung", so der Staatssekretär.
In der Charta verpflichten sich die Unternehmen zur Gleichbehandlung aller Mitarbeiter, "unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität." Die Selbstverpflichtung wurde 2006 von den Konzernen Daimler, BP, Deutsche Bank und Deutsche Telekom initiiert. Schirmherrin ist Bundeskanzlerin Angela Merkel. Inzwischen sind mehr als 1.000 deutsche Unternehmen Mitglied, darunter auch große Konzerne wie BMW, McDonald's oder RTL Deutschland.
Die Idee, dass auch die Bundeswehr der Charta beitreten solle, stammt aus der Truppe: Leutnant Martin Zehe vom Luftwaffenamt in Köln hatte sich für die Unterzeichnung eingesetzt, nachdem er im Offizierlehrgangmit dem Thema Toleranz konfrontiert worden war. Bei Internet-Recherchen stieß er dabei auf die Charta. "Wir vertreten bereits heute alles, was die Charta abdeckt", erklärte Zehe. Das solle durch den Beitritt zur Charta nun auch öffentlich bewusster gemacht werden.
Wenn bekannter würde, wie offen die Bundeswehr gegenüber Minderheiten sei, könnten viele Vorurteile aufgebrochen werden, meint der Leutnant. Die Unterzeichnung könnte auch das Image der Bundeswehr verbessern, die nach dem Ende der Wehrpflicht aktiv um Mitarbeiter werben muss. Die Unterzeichnung sei ein "neues Zeichen für eine neue Zeit".
Bundeswehr erst seit knapp einem Jahrzehnt homofreundlich
Insbesondere sexuelle Minderheiten wurden bis vor wenigen Jahren in den deutschen Streitkräften diskriminiert: Erst 2004 erließ die Bundesregierung unter dem Titel "Umgang mit Sexualität in der Bundeswehr" eine Dienstvorschrift, in dem Diskriminierung aufgrund sexueller Ausrichtung ausdrücklich verboten wurde. 2006 folgte dann das "Soldatinnen- und Soldaten-Gleichbehandlungsgesetz". Zuvor mussten insbesondere schwule oder lesbische Vorgesetzte ihre sexuelle Ausrichtung geheim halten, da ihnen sonst die Versetzung oder Entlassung drohte.
Wie groß die Homo-Panik in der Bundeswehr einst war, zeigt der Kießling-Skandal aus dem Jahr 1984: Damals entließ Verteidigungsminister Manfred Wörner den Vier-Sterne-General Günter Kießling wegen angeblicher Homosexualität (queer.de berichtete). Später kam heraus, dass der westdeutsche Geheimdienst MAD Kießling mit einem anderen Mann verwechselt hatte. (dk)
Links zum Thema:
» Arbeitskreis Homosexueller Angehöriger der Bundeswehr e.V.















Aber zumindest schon mal ein erster (symbolischer) Schritt in die richtige Richtung.