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Diskrimierung lesbisch-schwuler Pflegeeltern
München zieht Homo-Fragebogen zurück
- 05. März 2012 2 Min.

Laut einer Studie des Bundesjustizministeriums aus dem Jahr 2009 erfahren Kinder in Regenbogenfamilien keinerlei Benachteiligungen (Bild: nerdcoregirl / flickr / by-sa 2.0)
Den Behörden in München ist ein intimer Fragebogen für gleichgeschlechtliche Paare, die eine Pflegefamilie bilden wollen, äußerst peinlich.
Von Dennis Klein
Vergangene Woche hatte der Münchener "Homo-Fragebogen" für Aufregung gesorgt. Darin sollten gleichgeschlechtliche Bewerber um ein Pflegekind zusätzliche Infos zu ihren Umgang mit ihrer Homosexualität eintragen - für Heterosexuelle gibt es keinen derartigen Fragebogen. Nach Protesten der Rosa Liste und der Grünen wird das Dokument ab jetzt "nicht mehr verwendet", erklärte Andreas Danassy, der Sprecher des für Pflegefamilien verantwortlichen Sozialreferats. "Es handelt sich um ein älteres Formular, das nicht dem ständigen Bemühen des Stadtjugendamts entspricht, jede Form von Diskriminierung auszuschließen", so Danassy. Die erst seit 2010 amtierende Leiterin des Amtes wusste eigenen Angaben zufolge nichts von dem Fragebogen.
Ursprung des Fragebogens unklar

Machte die diskriminierende Praxis öffentlich: Stadtrat Thomas Niederbühl (Rosa Liste)
Es ist derzeit völlig unklar, wann und warum der Fragebogen eingeführt wurde. Er sei vor "einigen wenigen Jahren" als Handreichung erstellt worden, so das Sozialreferat. Die Zentrale habe am Ende nicht mehr gewusst, dass dieser Fragebogen noch existiert. Das Dokument sei nur noch in Sozialbürgerhäusern in den Stadtteilen eingesetzt worden, wo noch ausgedruckte Restbestände existiert hätten. Warum das Sozialreferat ursprünglich schwule und lesbische Paare gesondert behandeln wollte, konnte der Sprecher nicht sagen. Man werde diese Frage untersuchen, hieß es.
Stadtrat Thomas Niederbühl (Rosa Liste), der letzte Woche die Proteste gegen das Formular ins Rollen gebracht hatte, begrüßte im Gespräch mit queer.de, dass die Münchener Behörden den Fragebogen schnell aus dem Verkehr gezogen hätten. Allerdings sei es "komisch, dass jetzt niemand etwas davon weiß, obwohl der Fragebogen offensichtlich lange im Gebrauch war".
Schwusos sehen politische Verschwörung von Rosa Liste und Grünen
Eine eigenartige Reaktion auf den Fragebogen zeigte die SPD: Die schwul-lesbische Vereinigung der Sozialdemokraten (Schwusos) behauptete am Wochenende in einer Pressemitteilung anders als jetzt das Sozialreferat, dass der Fragebogen "seit Jahren" nicht mehr eingesetzt worden sei. Die öffentliche Kritik von Rosa Liste und Grünen - beide sind Koalitionspartner in der SPD-geführten Stadtregierung - sei vielmehr ein "offener Vertrauensbruch", erklärte der bayerische Schwusos-Vizechef Ulf Schröde. "Anstatt die Dinge im Konsens zu klären, wird ohne Substanz ein Vorwurf gegen das Sozialreferat gemacht, obwohl die Sozialreferentin Birgit Meier und ihre Mitarbeiter positiv die Umsetzung von gleichgeschlechtlichen Angelegenheiten begleiten", so Schröder. Die "SPD als Ganzes" stehe "für ein tolerantes, weltoffenes und diskriminierungsfreies Deutschland", erklärte der Schwusos-Chef weiter - und könne daher nach Schröders Ansicht offenbar gar nicht für den Fragebogen verantwortlich sein.

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Und dann diese peinlichen Erklärungsversuche, man wolle nur noch "Restbestände aufbrauchen".
Also bitte: für wie dumm hält die SPD uns?