Die Katholische Kirche in den Niederlanden hat offenbar jungen Männern auch mit Kastration gedroht, wenn sie von Misshandlungen berichten (Bild: ST33VO / flickr / by 2.0)
Um homosexuelle Neigungen zu "heilen", ließ die katholische Kirche in den 1950er Jahren einem Zeitungsbericht zufolge Minderjährige kastrieren, die von katholischen Würdenträgern sexuell missbraucht worden waren.
Wie die Zeitung "NRC Handelsblad" in ihrer Samstagsausgabe berichtet, haben psychiatrische Kliniken, die von der Kirche getragen wurden, in den Niederlanden mindestens zehn Jungen kastriert. Mindestens eines der Kinder ist von einem Priester auf einem katholischen Internat missbraucht worden, für die anderen Jungs gibt es Anzeichen auf Missbrauch. Die kirchlichen Ärzte begründeten das damals als "therapeutische Maßnahme zur Heilung der Homosexualität".
Die Tageszeitung beruft sich in dem Artikel auf Aussagen von Opfern, ärztliche Unterlagen sowie private Briefe und Anwaltsdokumente. Es gebe auch den Verdacht, so die Zeitung weiter, dass Kindern mit Kastration gedroht wurde, wenn sie den Missbrauch von Klassenkameraden den Behörden meldeten.
"Blanker Horror"
Die neuen Vorwürfe gegen die Katholische Kirche haben in den Niederlanden Entsetzen ausgelöst. Dabei hat erst vor drei Monaten eine unabhängige Untersuchungskommission ihren Abschlussbericht über Misshandlungen durch katholische Würdenträger vorgestellt. Darin konnten 800 Geistliche identifizieren werden, die Kinder missbrauchten. Die Kommission war zwar auch über die Kastrationen informiert, hatte sie aber in dem Bericht nicht erwähnt.
Die niederländische Vereinigung gegen Kindesmissbrauch durch christliche Würdenträger (KLOKK) hat erklärt, der Fall zeige, dass noch bei weitem nicht alle Verbrechen durch die Katholische Kirche aufgeklärt seien. Ein Sprecher nannte die Vorwürfe "blanken Horror".
Auch die Niederländische Bischofskonferenz zeigte sich nach außen hin entsetzt: "Wenn in der Tat diese Geschichten wahr sind, ist das eine ernste Situation, die von der niederländischen Bischofskonferenz scharf verurteilt wird", heißt es in einer Presseerklärung. Man werde mit den Behörden zusammen arbeiten, um den Fall restlos aufzuklären.
Nun wird auch der Ruf nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss wieder laut. Ein solcher Ausschuss hat bereits in Belgien und Irland viele weitere Fälle von Missbrauch aufgedeckt. In den Niederlanden wurde er aber von der Regierung blockiert. Sowohl die Regierungskoalition aus Liberalen und Christdemokraten als auch die rechtspopulistische Partei von Geert Wilders, die die Minderheitsregierung toleriert, haben bislang einen solchen Ausschuss abgelehnt. Die linksgerichteten Oppositionsparteien forderten am Wochenende die Regierung auf, angesichts der Schwere der Vorwürfe den Ausschuss nicht länger zu blockieren.
Bericht: Katholische Kirche in Deutschland duldet Pädo-Straftäter
Die Katholische Kirche in der Bundesrepublik scheint auch heute noch einen lockeren Umgang mit Pfarrern zu haben, die bereits wegen Päderastie oder des Besitzes von Kinderpornografie verurteilt worden sind. So soll nach einem Bericht des "Spiegel" der Missbrauchsbeauftragte der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) und Trierer Bischof Stephan Ackermann sieben Pfarrer beschäftigen, die sich aufgrund des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen schuldig gemacht haben. Das Vorgehen der Kirche wird von Opferverbänden scharf kritisiert.
Mit linguistischen Tricks versucht die Katholische Kirche in Deutschland derzeit, das Wort "Missbrauch" auf andere Gruppen zu übertragen. So werfen katholische Würdenträger Homo-Aktivisten "Missbrauch" vor, wenn sie gleiche Rechte für Schwule und Lesben fordern. Zuletzt hat etwa der Kölner Weihbischof Heiner Koch gesagt, ein schwules Königspaar in einer Schützenbruderschaft sei ein "Missbrauch zu Demonstrationszwecken" (queer.de berichtete). (dk)
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