Seit Tagen ein heißdiskutiertes Thema in Österreich (Bild: Screenshot ORF)
Showdown in Stützenhofen: Der Priester will den schwulen Gemeindevertreter nicht akzeptieren. Ein Gespräch mit Kardinal Schönborn, der nun entscheiden muss, ist angekündigt.
Von Carsten Weidemann
Darf ein schwuler Mann Mitglied im Pfarrgemeinderat einer katholischen Kirche im niederösterreichischem Stützenhofen sein? Wenn es nach den Gemeindemitgliedern geht, selbstverständlich. Denn sie hatten ihn schließlich gewählt. Wenn es nach dem Pfarrer geht, auf gar keinen Fall. Denn der 26-jährige Florian Stangl, um den es hier geht, ist nicht nur homosexuell. Er lebt zudem mit einem Mann in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft. Der Pfarrer will die Wahl für ungültig erklären lassen, nun muss die Diözese entscheiden.
Der zuständige Kardinal Schönborn, der bis Freitag auf einer Bischofskonferenz weilte, und Gemeinderat Stangl haben sich inzwischen für den 24. März zu einem Gespräch verabredet, das allerdings mehr als schwierig verlaufen dürfte. Die Diözese ließ vorab verlautbaren, dass Stangl nach der geltenden Pfarrgemeinderatsordnung für die Wahl gar nicht hätte aufgestellt werden dürfen, weil sein Leben von der Glaubenslehre abweiche.
Stangl hingegen signalisiert Kampfbereitschaft. Er wolle auf seine Kandidatur nicht verzichten, wie es dem Kardinal am liebsten gewesen wäre, sagte er den Medien. "Ich werde nur dann nicht Pfarrgemeinderat, wenn es kirchenrechtlich absolut nicht geht", betonte er. Bei der Wahl hatten 90 Prozent für ihn gestimmt.
Wenn Stangl zum Amtsrücktritt gezwungen wird, droht ein "Aufstand"
Die Diskussion um den Konflikt schwelt bereits seit Tagen und hat über die Grenzen Österreichs hinaus für Aufsehen gesorgt, da er ein Paradebeispiel für den generellen Konflikt zwischen der Kirchenbasis und der Leitung darstellt. Während die Gemeinden an der Basis bereits vielfach weiter und liberaler sind, will man von oben auf den alten Positionen beharren. Florian Stangl zeigte sich gegenüber dem Blatt "Die Presse" verwundert: "Ich fühle mich der Lehre der Kirche verpflichtet. Forderungen nach Keuschheit zu stellen, ist aber relativ fern von der Lebensrealität. Wie viele Menschen leben keusch?"
Die Gemeinde will zu ihm halten und droht laut ORF schon mit einem "Aufstand", sollten der Priester und der Kardinal ihr Recht durchsetzen. Der örtliche Pfarrer hatte Stangl mitgeteilt, dass er ihm zwar die Kommunion nicht verwehren könne, aber er möge nicht mehr zur Kommunion gehen. Das sei, so Stangl, noch schlimmer als ein Ausschluss aus der Kirche.
Selbstverwaltungsrecht der Kirchen
In letzter Zeit sorgten Berichte über Diskriminierungen durch die katholische Kirche immer wieder für Schlagzeilen, auch in Deutschland. Darunter speziell der Beschluss, dass Schützenkönige keinen gleichgeschlechtlichen Partner haben dürfen (queer.de berichtete). Auch die Entziehung der Lehrbefugnis für den schwulen Theologen David Berger sorgte für Empörung (queer.de berichtete), weit mehr als die Entlassung einer lesbischen Putzfrau eines katholischen Kindergartens, die eine Lebenspartnerschaft einging (queer.de berichtete).
Es gibt weitere Fälle, in allen greift das Antidiskriminierungsgesetz nicht, da Kirchen aufgrund des Selbstverwaltungsrechts davon ausgenommen sind. Es gibt aber Möglichkeiten der Gegenwehr: Nachdem eine katholische Kindertagesstätte in Königswinter eine Erzieherin gekündigt hatte, weil sie nach der Trennung von ihrem Ehemann zu einem neuen Partner zog, hat die Stadt nun die Verträge mit der Einrichtung gekündigt.
JA!