Ob man seinen Immunstatus bekannt gibt, bleibt den Inhaftierten nun wieder selbst überlassen (Bild: hmboo / flickr / by-nd 2.0, Montage: queer)
Wer in NRW eine Haftstrafe antritt, musste bislang eine HIV-Infektion vor allen bekannt geben. Das soll sich nun ändern.
Von Carsten Weidemann
Das "Zwangsouting" Inhaftierter mit HIV entfällt künftig in nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten. NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) kündigte dies am Donnerstagabend während des Jahresempfangs der AIDS-Hilfe NRW in Düsseldorf an. Die bisherige Praxis, dass Menschen mit HIV oder Hepatitis zunächst eine Einwilligungserklärung unterschreiben müssen, mit der ihr Immunstatus öffentlich gemacht werden darf, wenn sie gemeinschaftlich untergebracht werden oder am so genannten Umschluss von Gefangenen teilnehmen wollen, soll nicht mehr angewandt werden.
Diese Regelung war auf dem Höhepunkt der Aids-Krise Ende der achtziger Jahre als eine Präventionsmaßnahme eingeführt worden. Der Dachverband der Aids-Hilfen und einige Politiker in NRW hatten Anfang 2011 einen Vorstoß unternommen, um diesen schweren Eingriff in die Persönlichkeitsrechte zu kippen, der zudem nach allgemeiner Erkenntnis nicht zum Ziel führt. "Mit HIV steckt man sich bei alltäglichen sozialen Kontakten nicht an, auch in Haft nicht", argumentierte die AIDS-Hilfe NRW. Den besten Schutz böten stattdessen wiederholte qualifizierte Aufklärung und eine moderne medizinische Versorgung. So sind zum Beispiel Infizierte unter optimaler medikamentöser Behandlung nicht mehr infektiös.
Mehr Aufklärung soll Ängste bei Inhaftierten und Personal abbauen
Justizminister Kutschaty wollte ursprünglich an der Regelung festhalten, ließ sich von den Experten nach langwierigen Diskussionen mit dem Ministerium und den Fraktionen im Landtag dann aber doch überzeugen. Auf dem Jahresempfang argumentierte er nun: "Aus meiner Sicht erscheint durch die Neufassung des sogenannten AIDS-Erlasses von 1988 zukünftig ein unter vollzuglichen Verhältnissen optimaler Umgang mit HIV- und auch Hepatitis-Infizierten gewährleistet." Die Gefangenen würden nun eine adäquate Information hinsichtlich der Vermeidung von Infektionskrankheiten erhalten. "Die Persönlichkeitsreche werden gewahrt und dem Schutz der Bediensteten wird Rechnung getragen."
Klaus-Peter Schäfer, Landesvorsitzender der AIDS-Hilfe NRW, hofft nun, dass die Aufhebung der bisherigen Praxis in allen Justizvollzugsanstalten des Landes "ohne Zeitverzögerung umgesetzt wird". Zu vermuten sei, dass auf die lokalen Aids-Hilfen künftig mehr Beratungsarbeit zukommen. Als Justizministerin Uta-Maria Kuder (CDU) Anfang März die Kennzeichnung HIV-positiver Inhaftierter in den Gefängnissen Mecklenburg-Vorpommerns stoppen ließ, hatte prompt der Bundesverband der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands (BSBD) protestiert. Deren Vorsitzender Anton Bachl meinte gegenüber der Tageszeitung Nordkurier: "Das ist eine Entscheidung gegen die Interessen und die Sicherheit der Bediensteten, die täglich mit Gefangenen in Berührung kommen."
Bei meinem Exfreund wurde sogar verraten das er schwul ist, obwohl er es im Knast verheimlichen wollte.