
Das Thema Homosexualität scheint den Firmen im Ländle etwas zu heikel zu sein: Beim diesjährigen CSD (Motto: "Gleichbeschäftigt - Lesben und Schwule aus dem Schrank") finden die Organisatoren keine Persönlichkeit aus der Wirtschaft, die die Schirmherrschaft übernehmen möchte. Das ist kein gutes Zeichen, denn immerhin sollte der CSD auf die schlechte Lage vieler schwuler und lesbischer Angestellter hinweisen, die im Job oft mit "Versteckspielen, Halbwahrheiten bis hin zum Doppelleben" ihre sexuelle Orientierung verbergen müssen.
Die Organisatoren beklagen das Desinteresse der heimischen Wirtschaft:
Bisher sind alle gestellten Anfragen nach längeren Wartezeiten negativ beschieden worden. Mal weil das Thema nicht zur Unternehmensstrategie passt, mal weil der Terminkalender bereits zu voll ist. Jetzt drängt langsam die Zeit. (...) Um quasi "auf den letzten Drücker" doch noch eine Persönlichkeit aus der Wirtschaft für das ehrenvolle Amt zu gewinnen, ändert der CSD-Verein nun das Verfahren. Vom zeitaufwändigen Anfrageprozedere wechselt man nun zu einer öffentlichkeitswirksamen Stellenausschreibung.
Auf ihrer Website haben die CSD-Organisatoren daher eine Stellenausschreibung veröffentlicht. Die Anforderungen sind nicht allzu hoch: Es soll ein Vorstand, Geschäftsführer, Inhaber oder Personalmanager einer mittelständischen oder großen Firma sein, der "nicht die öffentliche Auseinandersetzung rund um die schwul-lesbische Gleichberechtigung" scheut. Dabei kann er oder sie sich den Zeitaufwand selbst festlegen, locken die Organisatoren. Sollte wirklich im elf Millionen Einwohner zählenden Bundesland kein einziger Unternehmer zu finden sein, dem Schwule und Lesben nicht zu schmuddelig sind?
Für seine Firma werben darf der Schirmherr natürlich auch noch. Es ist doch eigenartig, dass keine Bausparkasse mehr Bausparverträge oder Automobilhersteller mehr Luxuskarossen an die schwule und lesbische Kundschaft verkaufen wollen.
Vielleicht werden sie aber auch von einem der Vorgänger abgeschreckt: So kostete die CSD-Schirmherrschaft den CDU-Sozialminister Andreas Renner vor ein paar Jahren seinen Job. In den schwäbisch-katholischen Männerbünden galt es offenbar nicht als schicklich, sich für gleiche Rechte einzusetzen - er wurde ein paar Monate nach dem CSD aus dem Amt gemobbt. (dk)
Tja, was wird denn nun aus der angeblichen "Gleichbeschäftigung", wenn lohnabhängige Beschäftigung eben schon vom Prinzip her nichts mit Gleichheit zu tun hat?
Und wenn sich "Diversity" eben doch nicht so schön "rechnet"?
www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,808154,00.html