Schwuler Forscher mit Tunten-Titel: "Tante Magnesia" (Bild: Bundesstiftung Magnus Hirschfeld)
Der Gründungsvater der ersten homosexuellen Emanzipationsbewegung wird im Mai und Juni mit einer Vielzahl von Veranstaltungen geehrt.
Von Carsten Weidemann
In der Berliner Szene und da vor allem in der Bar Eldorado kannte man ihn als "Tante Magnesia", er schien also ein lebenslustiger Mensch gewesen zu sein. Der jüdische Arzt und Sexualreformer Dr. Magnus Hirschfeld (1868 - 1935) ging aber vornehmlich als einer der Gründungsväter der ersten deutschen Emanzipationsbewegung der Homosexuellen in die Geschichte ein. Sein Berliner Institut für Sexualwissenschaft erlangte Weltruhm. Die Nazis plünderten es 1933, verbrannten seine Bücher auf dem Bebelplatz und zerstörten eine Institution, die sich schon damals für die Integration von Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen und gegen jedwede Form der Antihomosexualität - wie staatlicher Verfolgung und gesellschaftliche Ächtung - engagierte.
Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, die Ende 2011 ihre Arbeit aufnahm, erinnert mit einer am Montag in Berlin präsentierten neuen Veranstaltungs-Reihe zukünftig alle zwei Jahre in verschiedenen Regionen Deutschlands an ihren Namensgeber und an weitere Menschen wie z.B. Johanna Elberskirchen, die sich für die Emanzipation engagiert haben. Die Hirschfeld-Tage, die in Berlin am 7. Mai starten und zum Berliner CSD Ende Juni enden, bleiben dabei nicht im Gestern stehen: Sie greifen - basierend auf den historischen Erfahrungen - aktuelle Fragestellungen auf und initiieren Diskurse zum Beispiel zur Aufhebung der Unrechtsurteile nach § 175 StGB, zu sexueller Vielfalt und ihrer Lebensformen und zum Zusammenwirken identitätsgenerierender Kategorien wie Geschlechtsidentität und sexuelle Orientierung.
Queere Diskussionen, Filme, Vorträge, Führungen und Empfänge
Überbleibsel des zerstörten Sexualinstituts: Eine japanische Dildobox (Bild: dalbera / flickr / by 2.0)
Die Hirschfeld-Tage sollen Fragen stellen und Antworten geben: Welche Bedeutung hat das Wirken von Magnus Hirschfeld und von Johanna Elberskirchen heute? Welche Lehren lassen sich aus der Verfolgungsgeschichte ziehen, und welche Verantwortung erwächst für die heutige Generation daraus? Wie muss sich Geschichte in den Schulbüchern widerspiegeln? Und welche Forschungen müssen initiiert werden?
Bei all dem soll die Unterhaltung nicht zu kurz kommen: In zahlreichen Veranstaltungen treten Künstler unentgeltlich auf und spenden zum Teil die Erlöse für das geplante, vom LSVD initiierte Projekt eines "Denkmals der ersten deutschen Homosexuellenbewegung". Es soll gegenüber dem Bundeskanzleramt am Magnus-Hirschfeld-Ufer errichtet werden. Die Berliner Schwusos integrieren zudem in das 30 Punkte zählende Programm ihre Verleihung des 4. Magnus-Hirschfeld-Preis.