Der Landtag in Kiel (Bild: UphoffHe)
Am Sonntag wird in Schleswig-Holstein ein neuer Landtag gewählt. Im Rahmen von Antworten auf Wahlprüfsteine des LSVD haben sich die Parteien auch zur Homo-Politik geäußert - mit Ausnahme der Linken, deren Antworten laut LSVD bislang nicht eintrafen.
Zur einleitenden Frage, welches die "herausragenden politischen Ziele zur weiteren gesellschaftlichen und rechtlichen Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Trans- und Intersexuellen mit Heterosexuellen" seien, fallen den Piraten Fragen der Geschlechterrollen ein, etwa sei der "Zwang zum geschlechtseindeutigen Vornamen" abzuschaffen. Die FDP will das Transsexuellenrecht weiter entwickeln und den "eingeschlagegen Kurs der Gleichstellung" bei Homo-Paaren weiter gehen.
Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist für eine Ehe-Öffnung und vollständige Gleichstellung der Lebenspartnerschaft und will Diskriminierung entgegenwirken. Die Grünen erwähnen ebenfalls eine Gleichstellung von Homo-Paaren und fordern ein "menschenwürdiges Transsexuellenrecht" sowie eine Ergänzung des Gleichheitsartikels der Verfassung um das Merkmal "sexuelle Orientierung". Im Land wird ein Aktionsplan gegen Homophobie befürwortet.
Auch die SPD fordert die Verfassungsänderung und die Öffnung der Ehe und will für eine Reform des Transsexuellengesetzes eintreten. Der Union fällt zur Frage nach den herausragenden Zielen nur ein, dass man anerkenne, dass in "in anderen Formen" von Partnerschaften Werte gelebt werden. Auch sei man für Toleranz und wende sich gegen jede Form der Diskriminierung.
Gegen Diskriminierung und Mobbing
Bereits bei der zweiten Frage bleibt die CDU jedoch bei einer Diskriminierung: Ein Beschluss, verpartnerte Beamte den Familienzuschlag rückwirkend für die Zeit von 2003 bis 2009 zu zahlen, sei nicht beabsichtigt "und aus Gründen der Haushaltskonsolidierung auch nicht leistbar". Die FDP ist ebenfalls "aufgrund der katastrophalen Haushaltslage" dagegen, SPD und SSW wollen den Vorschlag gemäß der aktuellen Haushaltslage prüfen. Die Grünen sind dafür, die Piraten fragen, ob es nicht sinnvoller wäre, das Geld in "entsprechende Gleichstellungsprojekte" zu stecken, haben aber noch "keine abschließende Meinung".
SPD, Grüne und SSW befürworten die Wiedereinrichtung eines Referates für gleichgeschlechtliche Lebensweisen, CDU und FDP halten das nicht für nötig. Die Piraten haben die Frage nicht verstanden: "Da wir erst einmal beabsichtigen, überhaupt über 5 Prozent der Zweitstimmen zu erreichen und damit in den Landtag zu kommen, haben wir uns noch keine Gedanken über eine mögliche Regierungsbeteiligung und damit über mögliche Zuschnitte der oder Zuständigkeiten in den Ministerien gemacht."
Auch bei der Frage nach Maßnahmen gegen das Mobbing an LGBT-Jugendlichen an Schulen sind die Piraten überfordert: "Mobbing gleich welcher Art und die damit verbundene Ausgrenzung darf nicht geduldet werden. Eine fertige Antwort dazu haben wir noch nicht (helft Ihr uns dabei?), aber eine fundierte Aus- und Fortbildung zumindest von den Vertrauenslehrerinnen und -lehrern sollte stattfinden, eine ausreichende Aufklärung im Unterricht und auch ein außerschulisches Angebot für Gespräche, Hilfe und Beratung."
Die FDP erwähnt mögliche Projekte der Magnus-Hirschfeld-Stiftung des Bundes, die ihre Initiative gewesen sei, und fordert einer Förderung der Schulsozialarbeit, die Union lobt Schulaufklärungsprojekte und befürwortet eine bessere Lehrerausbildung. SPD, Grüne und SSW fordern einen Aktionsplan gegen Homophobie nach Berliner Vorbild und die Überarbeitung von Lehrplänen und Schulbüchern, mehr Aufklärungsarbeit in Schulen und Jugend- und Sportzentren.
Bundesweite Forderungen
Alle Parteien bis auf die CDU würden ein vollwertiges Adoptionsrecht für verpartnerte Paare im Bundesrat ebenso mittragen wie eine vollständige Gleichstellung im Steuerrecht (in dem Punkt gibt die CDU keine klare Antwort). Die CDU ist gegen eine Öffnung der Ehe (die zwischen Mann und Frau sei "Kern der Familie"), die FDP spricht nur von einer vollständigen rechtlichen Gleichstellung der Lebenspartnerschaft mit dem Institut, alle anderen Parteien sind für eine Öffnung der Ehe - und im Übrigen für den Abbau weiterer Benachteiligungen.
Es lohnt sich daher, alle Statements auf der Webseite des LSVD nachzulesen. Die Piraten wollen die Lebenspartnerschaft etwa zusätzlich für Heteros öffnen, die Grünen eine künstliche Befruchtung für Lebenspartnerinnen, Unverheiratete und Alleinstehende ermöglichen. Auch wurde nicht nach einer Unterstützung der Artikel-3-Initiative des LSVD gefragt. Die Union und FDP sind in der Regel gegen Verfassungsänderungen, um das Merkmal "sexuelle Identität" in den Diskriminierungsschutz aufzunehmen, einige Parteien erwähnen hingegen eine Unterstützung.
Die Linke hat bislang nicht auf die Fragen des LSVD geantwortet. Die Partei setzt sich in der Regel für Homo-Rechte ein, befürwortet etwa ein Adoptionsrecht oder eine Gleichstellung im Steuerrecht für Homo-Paare und ist auch im Landes-Wahlprogramm gegen eine Diskriminierung aufgrund der sexuellen Identität.
Neuer Regierungschef gesucht
Nach neusten Umfragen liegen in Schleswig-Holstein die CDU und die SPD mit 31 bis 32 Prozent gleichauf. Die Grünen kämen auf knapp 13 Prozent, die FDP auf sechs bis sieben Prozent. Der SSW, als Minderheitenpartei von der Fünf-Prozent-Klausel ausgenommen, käme auf etwa vier Prozent, die Linke auf 2,5 Prozent. Die Piraten könnten 9 Prozent erreichen. Weder Rot-Grün noch Schwarz-Gelb wären damit machbar.
Die CDU/FDP-Regierung unter Peter Harry Carstensen hatte Ende 2010 das Landesrecht an die Lebenspartnerschaft angepasst, aber nicht rückwirkend. Nach der Wahl bekommt das Land einen neuen Regierungschef, da Carstensen nicht mehr antritt. Die SPD schickt den 48-jährigen Torsten Albig ins Rennen, Vater dreier Kinder und ehemaliger Sprecher im Bundesfinanzministerium. Der Spitzenkandidat der CDU ist der derzeitige Wirtschaftsminister Jost de Jager. Der 47-Jährige ist gelernter Journalist. (nb)