Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) (Bild: Gruene Baden-Wuerttemberg / flickr / by-sa 2.0)
In Baden-Württemberg sollen Homo-Paare künftig im Landesrecht gleichgestellt sein - auf Druck der SPD knausert das Land aber bei der rückwirkenden Gleichstellung, was zu weiteren Gerichtsverfahren führen könnte.
Am Dienstag hat die grün-rote Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei einer auswärtigen Kabinettssitzung im Schwarzwaldstädtchen Hüfingen den Gesetzentwurf "zur Einbeziehung von Lebenspartnerschaften im öffentlichen Dienstrecht" beschlossen. Wie die "Stuttgarter Zeitung" berichtet, sollen verpartnerte Homo-Paare aber nur rückwirkend ab 2006 mit heterosexuellen Eheleuten gleichgestellt werden. Das betrifft etwa den Familienzuschlag für Beamte, der auch kinderlosen heterosexuell Verheirateten gezahlt wird.
Die Grünen hatten eine Gleichstellung ab 2003 gefordert, weil zu diesem Zeitpunkt die Gleichbehandlungsrichtlinie der Europäischen Union in Kraft trat. Die SPD setzte sich dagegen für eine kostengünstigere Gleichstellung ab 2009 ein - damals hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Ungleichbehandlungen von eingetragenen Lebenspartnern ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz im Grundgesetz sei (queer.de berichtete). Der Europäische Gerichtshof hatte aber im vergangenen Jahr in einem Grundsatzurteil über Rentenansprüche geurteilt, dass Homo-Paare bereits ab 2003 nicht benachteiligt werden dürfen (queer.de berichtete). Mit seinem halbherzigen Kompromiss könnte Baden-Württemberg daher weitere Klagen provozieren.
Überschaubare Kosten
Das Land beziffert die Kosten für die verlängerte Rückwirkung bis ins Jahr 2006 auf 2,9 Millionen Euro - dies entspricht 0,008 Prozent des Gesamthaushalts. Jährlich werden Baden-Württemberg durch die Gleichstellung zusätzliche Ausgaben in Höhe von rund 1,3 Millionen Euro erwartet, für die Kommunen belaufen sich die Mehrausgaben auf insgesamt 200.000 Euro pro Jahr.
Die grün-rote Landesregierung hat sich in den letzten Monaten um die Frage der Rückwirkung gestritten. Der SPD-Landtagsabgeordnete Nikolaos Sakellariou hat etwa die rückwirkende Gleichstellung abgelehnt, weil der Staat damit Schwulen und Lesben lediglich "eine schöne Kreuzfahrt" finanzieren würde (queer.de berichtete).
Andere Bundesländer haben bei der rückwirkenden Gleichstellung weniger Probleme als Stuttgart: So stellte Rot-Grün in Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr eingetragene Lebenspartner ab 2003 gleich (queer.de berichtete). Im Jahr zuvor einigte sich Schwarz-Grün in Hamburg sogar auf eine Gleichstellung ab 2001 (queer.de berichtete).
Die grün-rote Koalition hatte im Mai 2011 die schwarz-gelbe Koalition von Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) abgelöst, die eine Gleichstellung noch kategorisch abgelehnt hatte (queer.de berichtete). Bereits im Dezember 2011 hat die neue Landesregierung beschlossen, dass Baden-Württemberg als letztes deutsches Bundesland die Standesämter für eingetragene Lebenspartner öffnet (queer.de berichtete). (dk)