Schwul oder nicht schwul? Manche kennen mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit die richtige Antwort
Wer auf einem Bild nur das Gesicht eines Menschen sieht, kann in vielen Fällen erraten, ob die Person schwul oder lesbisch ist, so das Ergebnis einer Studie der University of Washington in Seattle.
Die Forscher haben für die im Online-Fachmagazin "PLoS ONE" veröffentlichte Untersuchung mehr als 100 College-Studenten Schwarzweiß-Fotos von Menschen gezeigt, von denen die sexuelle Orientierung bekannt war. Aus den Bildern wurde digital Haare, Schmuck und andere künstliche Merkmale entfernt. Die Probanden konnten die Bilder nur für einen kurzen Augenblick (50 Millisekunden) sehen und mussten dann erraten, ob die gezeigten Personen homo- oder heterosexuell sind. 57 Prozent der Männer konnten den Probanden die richtige sexuelle Ausrichtung zuordnen, bei Frauen waren es sogar 65 Prozent.
Studienleiter Joshua Tabak erklärte, dass die Probanden sehr unterschiedlich abschnitten. Manche konnten die sexuelle Orientierung der Personen auf den Bildern zu 80 Prozent vorhersagen, während andere bei 50 Prozent lagen, also nur Zufallstreffer landeten. "Der weltbeste Lügendetektor ist nur zu 80 Prozent zuverlässig. Wenn jemand bei dieser Frage zu 80 Prozent richtig liegt – nur anhand eines Schwarzweiß-Porträts – ist das ziemlich unglaublich", sagte Tabak.
Er kann jedoch nicht sagen, warum die Probanden bei Frauen die sexuelle Orientierung besser zuordnen konnten als bei Männern. "Es ist interessant, darüber zu spekulieren. Wir kriegen ja in den Medien eher das Konzept des schwulen Mannes mit", so Tabak. In der echten Welt würde die Zuordnung der sexuellen Ausrichtung in vielen Fällen leichter fallen, wenn "Haare, Schmuck, Kleidung, Gang und Haltung" ebenfalls beurteilt werden könnten. Das könnte allerdings auch zu Fehlinformationen führen, insbesondere dann, wenn eine Person seine Homosexualität aktiv verstecken möchte.
Großmutter hätte mehr Probleme
Was macht der Gaydar hier?
Tabak erklärte weiter, dass seine Ergebnisse nicht repräsentativ für alle Menschen – und auch nicht für alle Amerikaner – seien, da er nur junge, gebildete Studenten gefragt habe. "Meine Großmutter ist zu einer anderen Zeit aufgewachsen und wusste wahrscheinlich nicht, wenn sie mit Schwulen oder Lesben in Kontakt trat. Aber wenn man heute aufwächst, erfährt man viel über viele verschiedene Menschen", sagte der Forscher.
Es haben sich bereits mehrere Studien mit dem Thema "Gaydar" auseinandergesetzt, aber nicht in allen konnten die Probanden etwa einen "schwulen Gang" erkennen. Eine kanadisch-amerikanische Untersuchung kam im vergangenen Jahr zum Ergebnis, dass fruchtbare Frauen besser einschätzen können, ob Männer schwul oder hetero sind (queer.de berichtete). In einer niederländische Studie wurde 2010 behauptet, dass Schwule und Lesben einen besseren Gaydar haben als Heterosexuelle (queer.de berichtete). (dk)