Auch unter Schwarzen gibt es in vielen Bundesstaaten Mehrheiten für die Ehe-Öffnung (Bild: Wiki Commons / See-ming Lee / CC-BY-SA-2.0)
Erst vor einem Monat hat Barack Obama als erster US-Präsident im Amt die Ehe-Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare öffentlich befürwortet - unter Afro-Amerikanern stieg danach die Zahl der Gleichstellungs-Befürworter schlagartig an.
Von Dennis Klein
2008 wurde Barack Obama mit dem Schlachtruf "Yes, we can" ins Weiße Haus gespült. Für kalifornische Homo-Aktivisten, die den Demokraten mit großer Mehrheit unterstützten, wurde dieser Wahlabend jedoch vom Volksentscheid "Proposition 8" getrübt: Im als liberal geltenden Westküstenstaat hatte eine Mehrheit von 52 Prozent gegen die Ehe-Öffnung gestimmt und somit Schwulen und Lesben das Eherecht wieder entzogen (queer.de berichtete). In der Gruppe der Afro-Amerikaner, die Obama fast einstimmig unterstützte, lehnten 70 Prozent die Gleichstellung im Eherecht ab. Damit war das knappe Rennen entschieden, was zu frustrierten, teilweise rassistischen Ausbrüchen einiger Homo-Blogger im "Golden State" führte.
Für Meinungsforscher war die Ablehnung der schwarzen Minderheit keine große Überraschung: Unter der afro-amerikanischen Bevölkerung nehmen viele die christliche Religion weitaus ernster als in anderen Gruppen. So erklärten einer Umfrage aus dem Jahr 2010 zufolge 61 Prozent der schwarzen Protestanten, dass die Bibel wortwörtlich von Gott diktiert worden sei - in der Gesamtbevölkerung glauben das nur 34 Prozent. Je gläubiger ein Mensch ist, desto mehr Probleme hat er aber Umfragen zufolge mit Schwulen und Lesben.
Jetzt messen Meinungsforscher in mehreren Bundesstaaten jedoch dramatische Umbrüche: So sind laut einer neuen Umfrage von "Public Policy Polling" in Florida 49 Prozent der schwarzen Bevölkerung für die Ehe-Öffnung. Das ist ein vergleichbarer Prozentsatz mit der Gesamtbevölkerung - im Herbst letzten Jahres sprachen sich nur 23 Prozent der Schwarzen für die Gleichstellung aus. Auch bei einer Umfrage in Maryland stieg die Zahl der afro-amerikanischen Befürworter der Ehe-Öffnung innerhalb weniger Monate um 20 Prozentpunkte auf 55 Prozent. In Maryland ist jeder dritte Wahlberechtigte ein Schwarzer. In anderen Bundesstaaten werden ähnlich große Veränderungen gemessen.
Schwarze wollen weiter Obama unterstützen
Viele Analysten hatten nach der Ankündigung von Obama noch gewarnt, dass viele Schwarze dem Präsidenten wegen seiner positiven Haltung zu Homo-Rechten bei der Wahl im November das Vertrauen entziehen könnten. Dazu haben mehrere schwarze Pfarrer in Nachrichtensendern aufgerufen. Bislang gibt es in dieser Frage jedoch keine Einbrüche bei Meinungsumfragen. Es wird ohnehin davon ausgegangen, dass die Frage der Arbeitslosigkeit Afro-Amerikaner viel mehr umtreibt als die der Homo-Ehe; derzeit sind laut offiziellen Statistiken 14 Prozent der Schwarzen arbeitslos - unter Weißen liegt die Quote dagegen bei nur sieben Prozent.
Auch die traditionsreiche schwarze Bürgerrechtsorganisation NAACP spricht sich bereits seit Längerem für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben aus. "Die Zivilehe ist ein Bürgerrecht", erklärte etwa NAACP-Präsident Benjamin Jealous im Mai. Er warnte davor, die schwul-lesbische und die schwarze Community auseinanderdividieren zu wollen, da beide den selben Kampf für die Gleichstellung führten. Immerhin dauerte es bis 1967, bis der oberste Gerichtshof der USA das Verbot der interrassischen Hochzeiten in den Südstaaten als verfassungswidrig erklärte. Auf den gleichen Artikel in der Verfassung berufen sich nun schwul-lesbische Aktivisten in ihrem Kampf gegen Ehe-Verbote in dutzenden von Bundesstaaten.