Soziologe Mark Regnerus will beweisen, dass Schwule und Lesben schlechte Eltern sind
Eine amerikanische Studie behauptet, dass Kinder, die von Schwulen oder Lesben aufgezogen worden sind, schlechter im späteren Leben zurechtkommen – der Psychologenverband hält das Ergebnis für Humbug.
Von Dennis Klein
Jetzt sei der Beweis erbracht, dass Kinder in Regenbogenfamilien "einer Form von sexueller Misshandlung" ausgesetzt seien, frohlockte Bryan Fischer, der Sprecher der homofeindlichen Lobbygruppe "American Family Association". Er und andere evangelikale Aktivisten freuten sich über eine Studie des Soziologen Mark Regnerus von der University of Texas in Austin.
Regnerus hatte zuvor eine Studie veröffentlicht, die homosexuelle Eltern generell als schlechten Einfluss auf Kinder darstellte. Er hatte 3.000 Menschen zwischen 18 und 39 Jahren befragt, ob sie bei Schwulen oder Lesben als Elternteil aufgewachsen sind – und dann mehrere Fragen zu ihrem Leben gestellt. Das Ergebnis: Wer bei schwulen oder lesbischen Eltern aufgewachsen ist, trinkt mehr Alkohol, ist eher arbeitslos und lebt eher in wilder Ehe. Regnerus schloss daraus: Kinder werden nur glücklich, wenn man ihnen Homos vom Hals hält. Konservative Medien wie die "Washington Times" und die "National Review" frohlockten über die Ergebnisse, aber auch andere Zeitungen und Nachrichtenagenturen verbreiteten die Studie.
Vater und Tochter auf dem CSD (Bild: nerdcoregirl / flickr / by-sa 2.0)
Allerdings gibt es mehrere Probleme mit der Studie: Besonders fragwürdig ist die Art, wie Regenbogenfamilien bestimmt werden. So fragte Regnerus, ob die Probanden in einer Familie aufgewachsen seien, in der einer der Partner jemals eine gleichgeschlechtliche Beziehung gehabt habe. Antwortet der Befragte mit "Ja" fällt er unter die Kategorie "aufgewachsen mit mindestens einem homosexuellen Elternteil". Allerdings wuchs weniger als ein Prozent der Befragten (248 Personen) bei einem gleichgeschlechtlichen Paar auf. Viele sind statt dessen bei verschiedengeschlechtlichen Paaren groß geworden, die sich getrennt haben – oder bei heterosexuellen Paaren, die mal im Swingerclub waren und deshalb nach Regnerus das Label "homosexuell" erhalten haben.
Auch weitere schwerwiegende Mängel an der Studie lassen am Ergebnis zweifeln: So erkennt Regnerus die rechtliche Diskriminierung von Homo-Paaren nicht als Ursache für die Probleme von Regenbogenfamilien an.
Studie von Homo-Hassern finanziert
Die Ergebnisse sind noch weniger überraschend, wenn man betrachtet, wer die Studie bezahlt hat: Das Projekt unter dem Namen "New Family Structures Study" wurde mit fast 800.000 Dollar vom Witherspoon Institute und der Bradley Foundation finanziert. Die beiden Gruppen setzen sich als eines ihrer Ziele, Homo-Rechte zurückzufahren.
Die Studie hat wütende Reaktionen bei Homo-Gruppen ausgelöst. Auch die American Psychological Association hat in einer Pressemitteilung bekannt gegeben, dass sie Schwule und Lesben weiterhin für gleichwertige Eltern hält: "Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Erfüllung der elterlichen Pflichten und der sexuellen Orientierung der Eltern." Das zeigten die bisherigen Studien deutlich.
Bisher sind praktisch alle groß angelegten Studien in mehreren Ländern zum Ergebnis gekommen, dass Schwule und Lesben nicht automatisch schlechtere Eltern sind. Eine Untersuchung der Universität Los Angeles ist sogar zum Ergebnis gekommen, dass Eltern aus Regenbogenfamilien engagierter seien (queer.de berichtete). 2008 hieß es auch in einer Studie des deutschen Bundesjustizministeriums, dass die Vorurteile gegen Homo-Paare in dieser Frage unbegründet seien (queer.de berichtete).