Premierminister David Cameron (Bild: bisgovuk / flickr / by-nd 2.0)
Die konservativ-liberale Koalition in London treibt anders als in Deutschland die Ehe-Öffnung voran - bald könnte Großbritannien das größte EU-Land mit gleichen Rechten sein.
Von Dennis Klein
Wie in Deutschland haben es die Liberalen auch in Großbritannien schwer: Seit 2010 sind die Liberal Democrats mit den Konservativen in der Regierung und haben seither so gut wie jedes Wahlversprechen gebrochen. So wurden etwa die Studiengebühren nicht - wie von der Partei versprochen - eingefroren, sondern auf bis zu 11.000 Euro pro Jahr verdreifacht. Nach diversen Niederlagen von der Verteilung der Ministerien über das Wahlrecht bis zur Europapolitik will die britische Version der FDP aber zumindest ein Thema durchsetzen: die Ehe-Öffnung. Hier hat sie in der konservativen Partei von Winston Churchill und Margaret Thatcher einen überraschend kooperativen Partner.
Für Premierminister David Cameron ist die Homo-Ehe offenbar wichtig, um den unglücklichen Koalitionspartner bei Stange zu halten. Die Liberaldemokraten haben im vergangenen Jahr immerhin ein Fünftel ihrer Mitglieder verloren, die sich mit der Koalitionsregierung nicht mehr identifizieren konnten. Cameron versucht, seine eigenen Leute von der Ehe-Öffnung zu überzeugen, indem er die Homo-Ehe einfach zu einer konservativen Forderung macht - immerhin sei es konservativ, Verantwortung füreinander zu übernehmen, sagte er im vergangenen Jahr (queer.de berichtete). Das ist ein Riesenschritt für die Tories: Vor einem Jahrzehnt versuchte die Parteiführung noch, das unsägliche Thatcher-Überbleibsel "Section 28" zu retten - das Gesetz untersagte es bis 2003, in staatlichen Einrichtungen für Homosexualität zu "werben". Das führte dazu, dass in Schulen fast gar nicht über Homosexualität gesprochen wurde.
Ehe-Öffnung bis 2015
Entwicklungsminister Andrew Mitchell
Die Ehe-Öffnung soll bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2015 beschlossen werden. Natürlich sind weiterhin viele Konservative aus Gewohnheit gegen die Gleichstellung. Cameron sicherte seinen Abgeordneten daher eine freie Abstimmung ohne Fraktionszwang zu. Da die oppositionelle Labour-Partei ebenso wie schottische und walisische Nationalisten mehrheitlich die Ehe-Öffnung unterstützen, sind nicht alle konservativen Stimmen notwendig.
Ohnehin gibt es aus der konservativen Partei derzeit immer mehr Stimmen für die Ehe-Öffnung. So erklärte Entwicklungsminister Andrew Mitchell, dass gegenwärtig nur noch Rentner die Ehe-Öffnung ablehnen würden. Wichtig sei hier Aufklärung. "Wenn man den über 65-Jährigen erklärt, dass es sich um eine Zivilehe handelt, die nicht mit der Kirche kollidiert, gibt es eine knappe Mehrheit dafür", so Mitchell in einem Interview mit dem Politmagazin "New Statesman". Am Donnerstag bezeichnete der liberaldemokratische Vize-Premierminister Nick Clegg den Versuch, die Ehe-Öffnung doch noch aufzuhalten, als "reine Zeitverschwendung".
Staatskirche ist mächtigster Gegner der Gleichstellung
Als größter Gegner der Ehe-Öffnung erweist sich in Großbritannien - wie so oft - die Kirche. So haben die Anglikaner Mitte Juni erklärt, dass sie die Homo-Ehe als schlimmste Bedrohung in ihrer 500-jährigen Geschichte empfinden. Die Staatskirche beharrt darauf, dass die Bibel nur verschiedengeschlechtliche Ehen zulasse. Da in Großbritannien - anders als in Deutschland - in Kirchen rechtskräftige Ehen geschlossen werden können, fürchten die Anglikaner, dass sie wegen dem Diskriminierungsschutz bald auch Schwule und Lesben trauen müssen. Die katholische Kirche in Großbritannien vergleicht die Gleichstellung von Homosexuellen im Eherecht gar mit Sklaverei (queer.de berichtete)
Antreiber der Entwicklung für die Homo-Ehe ist auch Schottland, das seit 1999 weitgehend autonom die Geschicke des Teilstaats lenken kann. Alle im schottischen Parlament vertretenen Parteien befürworten die Gleichstellung - mit der Öffnung der Ehe wird dort bis Ende 2013 gerechnet (queer.de berichtete).
Deutschland ist bei dieser Frage eigentlich in einer ähnlichen Lage wie Großbritannien, allerdings liegt die Ehe-Öffnung hierzulande noch in weiter Ferne. Schuld ist die Union, die als einzige im Bundestag vertretene Fraktion die Gleichstellung im Eherecht ablehnt. Anders als auf der Insel trauen sich nur wenige konservative Abgeordnete in Deutschland, warme Worte für die Homo-Ehe zu finden. Die FDP ist zwar offiziell für die Ehe-Öffnung, hat in der Bundesregierung aber anders als die britische Schwesterpartei nie dafür die Initiative ergriffen. Als Prestigeprojekt reicht der FDP offenbar die Senkung der Hotel-Steuer aus.
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