Alan Turing (1912-1954)
Am Samstag vor 100 Jahren wurde Alan Turing in London geboren - der Begründer der modernen Informatik wurde im Zweiten Weltkrieg als Codeknacker zum Helden, nach dem Krieg ließ ihn das Land wegen seiner Homosexualität fallen.
Von Dennis Klein
Ohne Alan Turing hätte sich der Krieg mit Nazi-Deutschland möglicherweise noch Jahre hingezogen: Der Mathematiker entwickelte in den 40er-Jahren für die Briten ein Verfahren zur Entschlüsselung der deutschen Funksprüche. Nach Ansicht vieler Experten war sein Beitrag kriegsentscheidend. Zuvor hatte er schon die moderne Informatik mit seiner "Turing-Maschine" eingeläutet. Am 23. Juni wäre Turing 100 Jahre alt geworden.
Anstatt von seinen Landsleuten für seine Leistungen gefeiert zu werden, setzte nach dem Zweiten Weltkrieg allerdings die Verfolgung ein. Er wurde 1952 angeklagt, weil die Polizei einer Beziehung Turings auf die Schliche gekommen war. Der damals 40-Jährige erhielt die Wahl, ins Gefängnis zu gehen oder eine Behandlung mit triebhemmenden Hormonen zu beginnen, darunter Östrogene. Diese Therapie wurde "chemische Kastration" genannt. Er entschied sich für die Hormoneinnahme, litt aber danach unter Depressionen und der Entwicklung von Brüsten. Schließlich starb er zwei Jahre nach dem Verfahren - man geht davon aus, dass er sich vergiftet hatte, allerdings bezweifeln manche Biografen diese Version.
England und Wales schafften das Verbot von Homosexualität schließlich 1967 ab. Und erst in den 70er Jahren erfuhr die Öffentlichkeit, dass Turing die Codes der Deutschen im Zweiten Weltkrieg geknackt hatte - zuvor war das ein Staatsgeheimnis.
Entschuldigung für Verfolgung 45 Jahre nach Turings Tod
Das Google-Doodle zu Ehren von Turing
Erst 2009 entschuldigte sich die britische Regierung für die Verfolgung von Alan Turing. Premierminister Gordon Brown sagte damals: "Wir liegen tief in seiner Schuld. Was es noch schlimmer macht, dass er so inhuman behandelt wurde". Brown erklärte weiter, dass tausende schwule Männer wegen "homophober Gesetze" verurteilt und "schrecklich behandelt" wurden (queer.de berichtete). Eine "Rehabilitierung" von seiner Verurteilung lehnte London allerdings Anfang des Jahres ab - wie in Deutschland geht die Regierung davon aus, dass die Gesetze gegen Homosexuelle zwar aus heutiger Sicht schrecklich seien, damals aber rechtsstaatlich zustande kamen (queer.de berichtete).
Im Turing-Jahr 2012 finden zu seinem Geburtstag weltweit Veranstaltungen zum Gedenken an seine Leistungen statt. Die englische Post ehrt ihn mit einer Briefmarke, Google hat einen Turing-Doodle eingeführt. Die "New York Times" verneigt sich vor dem Genie mit den Worten: "Wir leben in einer Computer-Welt, wie sie Turing vorhergesehen hat und in einer Welt, die langsam Homosexualität akzeptiert - das hat er wohl nicht vorausgesehen."