Moschee Hassan II in Casablanca: Die Passagiere der Gay Cruise durften nicht mir ihrem Guide kuscheln (Bild: Lee Cannon / flickr / by-sa 2.0)
Die Behörden des nordafrikanischen Landes sollen der "MS Nieuw Amsterdam" mit rund 1.600 Schwulen und Lesben an Bord untersagt haben, den Hafen von Casablanca anzulaufen
Von Carsten Weidemann
Es sollte die erste Gay Cruise mit einem Zwischenstopp in einem arabischen Land werden, warb der US-Reiseveranstalter RSVP Vacations für seine einwöchige Tour mit der "MS Nieuw Amsterdam" durchs Mittelmeer (queer.de berichtete). Am Freitag stach das Luxusschiff der Holland America Line mit rund 1.600 Schwulen und Lesben an Bord im spanischen Barcelona in See, um am Samstag zu einem zwölfstündigen Stopp in Casablanca anzulegen – doch die Behörden sollen dafür kurzfristig die Genehmigung zurückgezogen haben. Die "Nieuw Amsterdam" drehte um und ging stattdessen in der südspanischen Stadt Málaga vor Anker.
"Unser Hafenbüro in Casablanca hat uns mitgeteilt, dass – trotz vorheriger Bestätigung – die Behörden in Marokko den geplanten Besuch verweigert haben", heißt es in einer Mitteilung von RSVP Vacations an die Passagiere, die an mehrere Medien weitergeleitet wurde. "Für uns alle ist das eine sehr enttäuschende Entwicklung", entschuldigten sich die Veranstalter der Gay Cruise. "Es war letztlich die Entscheidung der lokalen Behörden in Marokko, die es notwendig machte, unsere Pläne anzupassen."
In der Hafenstadt Casablanca waren für die Teilnehmer der Cruise u.a. ein Besuch der zweitgrößten Moschee der Welt "Hassan II." sowie des Souks geplant, auch Ausflüge nach Marrakesch waren von einigen Kreuzfahrern gebucht worden. Einen Anspruch auf Entschädigung haben die Passagiere nicht. Die Route sei "freibleibend", hieß es vorsorglich in den allgemeinen Geschäftsbedingungen des Veranstalters.
Dementi vom Tourismusminister
Tickets für die einwöchige Mittelmeer-Kreuzfahrt waren ab 900 Euro pro Person in der Innenkabine erhältlich (Bild: RSVP Vacations.)
Die von gemäßigten Islamisten geführte Regierung nahm zu dem Vorfall zunächst nicht Stellung. Am Sonntag dementierte Tourismusminister Lahcen Haddad jedoch die Darstellung von RSVP Vacations. "Wir verbieten hier keine Kreuzfahrtschiffe und informieren uns auch nicht über die sexuellen Vorlieben der Teilnehmer", erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die "MS Nieuw Amsterdam" könne jederzeit umkehren und den Landgang in Casablanca nachholen, sagte Haddad. Zu diesem Zeitpunkt befand sich das Schiff allerdings bereits auf dem Weg in die andalusische Hafenstadt Cadiz. Das Dementi des Ministers könnte auch wirtschaftliche Gründe haben: Marokkos Tourismusindustrie trägt zu etwa zehn Prozent zum Bruttoinlandsprodukt bei, rund 450.000 Menschen sind in der Tourismusindustrie beschäftigt.
Homosexualität gilt als Tabu innerhalb der marokkanischen Gesellschaft, wird aber gerade in Touristen-Orten wie Marrakesch, Agadir oder Tanger toleriert. Dort sind regelrechte Kolonien schwuler Rentner aus Westeuropa entstanden (queer.de berichtete). Auf "unnatürliche Akte mit Mitgliedern des gleichen Geschlechts" stehen nach dem Strafgesetzbuch des Landes allerdings bis zu drei Jahre Gefängnis.
Wir schwulen sollte auch ein bisschen soziales Gewissen beweisen. So lange in einem Land Strafen auf Homosexualität bestehen, muss man dort als Tourist kein "schwules" Geld ausgeben.