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Juristische Auseinandersetzung

Spanien: Ehe-Öffnung verfassungsgemäß?

  • 05. Juli 2012 35 3 Min.

Als "Schande" bezeichnete Ministerpräsident Mariano Rajoy die Ehe-Öffnung vor sieben Jahren - inzwischen hat er sich, wie viele in seinem Land, an die Gleichstellung gewöhnt (Bild: Wiki Commons / Rastrojo / CC-BY-2.0)

Bereits vor sieben Jahren öffnete Spanien die Ehe. Das Verfassungsgericht soll nun in den nächsten Wochen ein lange erwartetes Urteil über die Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes fällen.

Der oberste Gerichtshof verhandelt seit mehreren Jahren über eine Klage der konservativen Partei gegen die 2005 von den damals regierenden Sozialisten beschlossene Ehe-Öffnung (queer.de berichtete). Zeitungen hatten bereits darüber spekuliert, ob das Urteil schon diese Woche gesprochen wird. Allerdings will das in der Regel zwölf Mitglieder umfassende Gericht offenbar abwarten, bis vier neue Richter voraussichtlich in der nächsten Woche ihre Arbeit aufnehmen.

Die konservative Partei gehörte an der Seite der katholischen Kirche 2005 zu den erbittertsten Gegnern der Gleichstellung im Eherecht. Die Partei argumentierte, dass die Regelung gegen den in der Verfassung vorgeschriebenen besonderen Schutz der Familie verstoße. Sie bezieht sich dabei besonders auf Artikel 32 der Verfassung, in dem es heißt: "Mann und Frau haben bei voller Gleichberechtigung das Recht zur Eheschließung." Die Sozialisten argumentieren jedoch, dass dieser Artikel nicht festlege, dass Mann und Frau ausschließlich einander heiraten dürfen.

"Radikale Neuinterpretation der Ehe"

Die Homo-Gegner schreckten bei ihrer Klage in der öffentlichen Debatte nicht vor schroffen Argumenten zurück. Anwalt José Luis Requero, der für die Konservativen ein Gutachten über die angebliche Verfassungswidrigkeit des Gesetzes erstellt hatte, argumentierte etwa: "Eine homosexuelle Verbindung eine Ehe zu nennen, ist eine radikale Neuinterpretation. Genauso radikal wäre es, wenn man die Verbindung zwischen einem Mann und einem Tier eine Ehe nennt." Inzwischen haben sich aber bereits 25.000 gleichgeschlechtliche Paare das Ja-Wort gegeben.

Da die Mehrheit der Richter auch nach den neuen Ernennungen dem progressiven Lager zugerechnet werden, gehen Analysten davon aus, dass Schwulen und Lesben das Recht auf Ehe nicht entzogen wird. Auch die konservative Partei hat inzwischen zähneknirschend ihren Frieden mit der gleichgeschlechtlichen Ehe geschlossen. Der neue Justizminister Alberto Ruiz-Gallardón erklärte sogar, dass er das Gesetz nicht für verfassungswidrig halte. Ministerpräsident Mariano Rajoy hat angekündigt, man werde das Urteil akzeptieren, wie auch immer es ausfallen wird. Als er 2005 Oppositionsführer im spanischen Parlament gewesen war, hatte er die Verabschiedung des Gesetzes noch als "Schande" bezeichnet.

Sollte das Verfassungsgericht wider Erwarten die gleichgeschlechtliche Ehe doch als verfassungswidrig erklären, würden wie bei der Abschaffung der gleichgeschlechtlichen Ehe 2008 in Kalifornien die bereits geschlossenen Ehen gültig bleiben. Allerdings dürften dann in Zukunft nur noch Heterosexuelle heiraten.

Auch in Deutschland wird darüber debattiert, ob eine Öffnung der Ehe gegen die Verfassung verstößt. Skeptiker berufen sich auf Artikel 6 des Grundgesetzes, in dem es heißt: "Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung". Dieses Argument wird besonders von Abgeordneten von Union und FDP unterstützt, sowie vereinzelt von Oppositionspolitikern wie Jerzy Montag (Grüne), der vor einer Ehe-Öffnung eine Verfassungsänderung fordert (queer.de berichtete). (dk)

-w-

#1 resigniertAnonym
  • 05.07.2012, 13:37h
  • das ist ja schön das spanien schonmal weiter ist als deutschland.
    trotzdem fragt man sich warum es 7 jahre bis zu einer entscheidung braucht.
    gesetze die positiv für die bevölkerung (oder teile der bevölkerung) sind, brauchen in europa eine ewigkeit bis sie erlassen, genehmigt und anerkannt sind.
    steuererhöhungen und sonstige bestimmungen, die die bevölkerung belasten und das leben erschweren, werden im eilverfahren sehr schnell durchgeboxt.
    echte demkratie habe ich mir anders vorgestellt.
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#2 Timm JohannesAnonym
  • 05.07.2012, 14:31h
  • Antwort auf #1 von resigniert
  • @resigniert
    "das ist ja schön das spanien schonmal weiter ist als deutschland. trotzdem fragt man sich warum es 7 jahre bis zu einer entscheidung braucht."

    ---> Das ist im Vergleich zum deutschen Rechtssystem wenig. Bei uns gibt es das Lebenspartnerschaftsinstitut seit 2011 und immer noch sind die Klagen zur einkommenssteuerlichen Gleichstellung nach über 10 Jahren in den Mühlen des deutschen Rechtssystem. Die homosexuellen, verpartnerten Paare, die seit 2001 die Einkommenssteuergleichstellung gefordert haben, sind bereits seit über 10 Jahren mit Klagen vor den deutschen Finanzgerichten beschäftigt; immer noch nicht hat der Zweite Senat des Bundesverfassungsgericht entschieden. Gleiches gilt zu den Klagen beim Adoptionsrecht; dort hängt im Ersten Senat seit Jahren das Verfahren.

    Deutschland ist nunmal eine "Bananenrepublik".

    Und das gilt im übrigen auch bei dem derzeitigen Verkauf deutscher Interessen bei der internationalen Finanzwirtschaft. Dort werden Banken auf Kosten deutscher Steuerzahler saniert und die Verschuldung der deutschen öffentlichen Haushalte zugunsten einer Bankenunion und einer Vergemeinschaftung der EURO-Schulden werden noch über Jahrzehnte Deutschland massiv belasten.

    Die derzeitige Regierung muss weg, wenn sie auf der einen Seite homosexuelle Paare in der Einkommenssteuer verarscht und auf der anderen Seite Milliarden an Euros in die interationale Finanzwirtschaft hineinpulvert sowie nach Südeuropa auf Nimmer Wiedersehen verschleudert.
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#3 FoXXXynessEhemaliges Profil
  • 05.07.2012, 14:59h
  • Hier nochmal eine unmißverständliche Warnung an die spanischen Konservativen: Hände weg von der Homoehe! Auch das Verfassungsgericht wird diese bestätigen und Ihr solltet Euch endlich jetzt damit abfinden!
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