Während seiner Rede wurde der Aktivst Yury Gawrikow von Polizeibeamten aus dem Park gezerrt (Bild: gayrussia.ru)
Bei verbotenen CSD-Aktionen in St. Petersburg wurden am Samstag acht Aktivisten festgenommen. Die russische Gesundheitsministerin nannte Homosexualität unterdessen "zum Teil eine Krankheit" und verglich sie mit Drogensucht.
Von Carsten Weidemann
Für Schwule und Lesben gilt in Russland keine Versammlungsfreiheit: Beim Versuch, in der russischen Stadt St. Petersburg trotz Verbots zwei CSD-Kundgebungen abzuhalten, wurden am Samstag acht Aktivisten festgenommen. Einige mussten die Nacht in Polizeigewahrsam verbringen.
Am vergangenen Mittwoch hatte die Stadtverwaltung eine Kundgebung für die Rechte von Schwulen und Lesben noch überraschend genehmigt, keine 24 Stunden später jedoch einen Rückzieher gemacht (queer.de berichtete). Das Verbot sei ergangen, "nachdem eine riesengroße Anzahl an Bürgern die Behörden gebeten haben, diese Veranstaltung zu verhindern", erklärte ein Pressesprecher des Gouverneurs.
Ein kleines Häuflein von Aktivisten und etwa doppelt soviele Journalisten versammelten sich dennoch am Samstag in einem St. Petersburger Park. Die Aktvisten hielten Reden und zeigten Transparente. Drei Personen wurden daraufhin von der Polizei abgeführt. Fünf weitere Aktivisten wurden später bei dem Versuch festgenommen, eine Mini-Kundgebung am Smolny Komplex abzuhalten.
St. Petersburg war vor wenigen Monaten international die Schlagzeilen geraten, weil die Stadtverwaltung ein Gesetz gegen "Homo-Propaganda" beschlossen hat. Dieses Verbot sollte das Hauptthema des CSDs werden. Es untersagt jegliche positive Diskussion über Homosexualität in der Öffentlichkeit. Anfang April gab es bereits erste Festnahmen aufgrund des Gesetzes (queer.de berichtete).
Youtube | Video von der Kundgebung und den Festnahmen im Park
Gesundheitsministerin vergleicht Homosexualität mit Drogensucht
Veronika Skvorzova ist erst seit 21. Mai 2012 russische Gesundheitsministerin. In vier Jahren zuvor war sie Stellvertreterin ihrer Vorgängerin
Unterdessen erklärte die russische Gesundheitsministerin Veronika Skvorzova in einem Radiointerview, Homosexualität sei "zum Teil eine Krankheit". Schwule und lesbische Verhaltensweisen seien "schädliche vermittelte Gewohnheiten", meinte die Professorin der Neurologie am Samstagmorgen gegenüber dem Sender "Echo Moskvy". In einigen Fälle handele es sich sogar um eine "Abhängigkeit wie Rauchen oder Drogen", sagte Skvorzova; "Es ist eine Abhängigkeit, die psychologisch widerstandfähig wird. Und um sie zu überwinden, braucht man sehr große Anstrengungen."
Die Gesundheitsministerin sei zwar gegen diskriminierende Maßnahmen gegen die Betroffenen, allerdings stellte sie im Interview klar: "Ich finde, unsere Aufgabe ist es, die Kinder, die jüngere Generation richtig zu erziehen und vor den pathologischen Repräsentanten des Homosexualismus zu schützen. Um den Menschen die Möglichkeit zu geben, sich richtig in ihrem Wesen zu formieren."
Vielen Dank an Konstantin Sherstyuk von der Rainbow Association für die Übersetzung des Interviews.
Youtube | Auch die weiteren Festnahmen wurden auf Video festgehalten
Protestkundgebung in Berlin
Der LSVD Berlin-Brandenburg, die Schwusos, Die Linke.queer und weitere Bündnispartner rufen am Donnerstag, den 12.07.2012 in Berlin zur Solidaritätskundgebung mit russischen und ukrainischen LGBTs auf. Beginn ist um 17 Uhr vor der Komischen Oper (Glinkastraße Ecke Unter den Linden), von dort geht es gemeinsam weiter vor die russische Botschaft.
Ich habe großen Respekt vor den mutigen queeren Menschen die trotz Verbot und Strafandrohung demonstriert haben und gezeigt haben das es uns gibt, egal wie sehr man uns unterdrückt!
Wie kann man von hier aus die Menschen dort am besten unterstützen, gibt es Möglichkeiten?