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- 24. September 2004 3 Min.
Gibt es ein Geheimrezept für die offene Beziehung? Kann auch Treue erfüllend sein? Fragen an den Paarberater Stefan Meschig
Von Christian Scheuß
"’Fremdgehen’ macht glücklich!", behauptet ein neues schwules Buch des queer.de-Teams, das Anfang September erschienen ist. Warum ist der "Seitensprung" bei Homos so populär?
Es gibt Motive, die innerhalb der Beziehung liegen und es gibt Gründe, die sich aus der Persönlichkeit heraus entwickeln. Ein Motiv kann sein, dass man die Beziehung als sexuell unbefriedigend empfindet. Langeweile und Monotonie in einer länger andauernden Beziehung, Sehnsucht nach Romantik und Ekstase kann ein zweiter Grund sein. Angst vor Nähe und einer intimen Beziehung ist eine andere Ursache. Das Verwechseln von Sexualität und Intimität erlebe ich bei schwulen Beziehungen sehr häufig. Als Fünftes kann man den Reiz des Verbotenen nennen. Dann gibt es den Machtkampf aus Rachegelüsten als Motiv, wenn es innerhalb der Beziehung zu Beschämungen und Verletzungen gekommen ist.
Welche Punkte kannst Du bezüglich der Persönlichkeit nennen?
Was es in der schwulen Welt relativ häufig gibt, dass ist der Seitensprung zur Selbstbestätigung. Das geht mit direktem oder indirektem Prahlen einher, dahinter steckt oft etwas sehr Neidvolles, fehlende Eigenliebe, aber auch ein Gefühl von innerer Leere. Ein letzter Grund zum Fremdgehen, der mir noch einfällt: Jemand will ungelebte Seiten des Selbst verwirklichen, die er nicht in seine Partnerschaft integrieren konnte. Wenn man für sich zum Beispiel S/M-Techniken entdecken will, der Partner mag das aber nicht.
Gerade das kann aber auch eine stabilisierende Wirkung auf die Beziehung haben, oder? Schließlich gibt es keine ideale Partnerschaft, in der alle Wünsche und Sehnsüchte gemeinsam gelebt werden können...
Neben allen kritischen Momenten, die ich gerade genannt habe, die schwule Paare in die Krise führen können, gibt es auf der anderen Seite eine große Ressource, die sie besitzen. Nämlich ihre Offenheit, solche Themen anzugehen. Sie trauen sich eher, solche Wünsche zu artikulieren und auch neue Wege zu gehen Dabei gibt es oft Lösungen abseits konventioneller Muster. Ich kenne z.B. eine Beziehung, die seit vielen Jahren zu dritt läuft und in der alle sehr zufrieden sind.
Was sind Grundvoraussetzungen, um eine offene Beziehung führen zu können?
Mut zur offenen Auseinandersetzung und eine geübte Streitkultur. Eine Kompetenz, mit allen dazugehörigen Emotionen umzugehen wie Ärger, Trauer und Freude, sie zulassen zu können und sie nicht weg zu drücken. Es tut niemandem gut, wenn jemand nur so tut, als könne er mit dem Seitensprung des Partners prima umgehen, aber in Wirklichkeit ärgert er sich insgeheim.
In wie weit würdest Du den Slogan "Fremdgehen macht glücklich" ablehnen oder unterstützen?
Spontan hatte ich als Gegenthese im Kopf: "Heimlich fremdgehen macht unglücklich". Und für Schwule könnte man speziell formulieren "Mut zu ehrlicher und gewachsener Treue, kann auch glücklich machen".
Stefan Meschig ist Diplom-Sozialpädagoge mit Ausbildung in systemischer Paarberatung für Schwule. Er arbeitet im schwul-lesbischen Beratungszentrum Rubicon in Köln und kommt auch im Buch "'Fremdgehen' macht glücklich!" zu Wort
Links zum Thema:
» Mehr Infos zum Fremdgehen-Buch bei Amazon
» Website des Kölner Beratungszentrums Rubicon
» queer.de-Bericht: Jeder zweite Schwule geht fremd
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