Kurz nach dem Zugunglück: Alan Scott sucht seinen Freund Sam in der Gepäckablage (Bild: DC Comics, Folge "Earth 2 #3")
Grummel, Kreisch, Heul, Haare zerrauf!!! Die homosexuelle Beziehung zwischen Green-Lantern-Held Alan Scott und Lover Sam hielt nur ein Comicheft lang.
Von Christian Scheuß
Schockschwerenot! Schwule Beziehungen gelten ja landläufig als äußerst kurzlebig. Wer zehn Jahre hinter sich hat, wird frenetisch bejubelt, bei 20 Jahren ungläubig angestarrt. Aber eine homosexuelle Liebe, die nur ein Comicheft lang hält? Das ist dann doch etwas zu schnell. Im Juni noch hatte Comicheld Alan Scott von der intergalaktischen Weltenretter-Truppe Green Lantern im Abenteuer "Earth 2 #2" seinen Lover Sam knutschend in die Arme geschlossen und damit der Leserschaft demonstriert: "Ich bin ein schwuler Supermann und das ist gut so" (queer.de berichtete). Genau ein Heft später verliert er bereits seinen Geliebten durch ein schreckliches Zugunglück.
Wie konnte das passieren? Was machen die Beiden auch ausgerechnet in einem Schnellzug nach Hangzhou in der chinesischen Provinz Zhejang, wo doch sonst kein Superheld hin will? Sollte der explodierte Zug von Siemens entwickelt worden sein, werden wir sofort eine juristische Prüfung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld veranlassen! Alan Scott überlebt als Einziger das Inferno, weil ihn so ein dahergelaufenes sprechendes grünes Leuchtedingens schützt und heilt. Doch warum rettete es nicht auch seinen Freund? Das verantwortungslose Energiebündel argumentiert wie ein Schalterbeamter nach Dienstschluss: "Es war nur meine Aufgabe dich zu schützen, damit du die dir vorgesehene Rolle erfüllen kannst." Bla, bla, bla, lauter Sprechblasen. Wo kann man der grünen Lampe den Saft abdrehen?
Die kurze schwule Beziehung dient der Dramaturgie
Vor einem Heft war die schwule Comicwelt noch in Ordnung (Bild: DC Comics, Folge "Earth 2 #2")
Wir sind empört! Das ist doch hier nicht das olle Raumschiff Enterprise, wo stets klar war: Die Männer in den roten T-Shirts, die mit Kirk, Pille und Spock auf den Pappmaschee-Planeten heruntergebeamt wurden, die sind gleich tot. Reine Statisten-Staffage um klar zu machen: Hu hu huuu, hier ist es aber ganz schön gefährlich!
Der Autor James Robinson hat dieses zarte schwule Liebespflänzchen bei Green Lantern nicht der Emanzipation wegen angelegt, sondern nur, um der Story eine dramatische Wende zu verpassen und dem Helden ein Motiv für das Erwachen der bösen Seite in ihm zu geben.
Wir sind nicht naiv und wissen, dass das ein beliebter Kniff der Story-Schreiber ist. Derricks Frau war auch mal kurz da und plötzlich wieder verschwunden, trotzdem musste Stefan mit Klein-Harry ewig weiter ermitteln, als wär nichts gewesen. Aber hätten die beiden schwulen Jungs nicht erst noch eine Regenbogenfamilie gründen oder zumindest noch einen CSD gemeinsam erleben dürfen? Uns würde es nicht wundern, wenn Alan in "Earth 2 #4" dem Suff und den Drogen verfällt, Mitglied bei der FDP oder den Piraten wird, sich nur noch in übelriechenden Darkroom-Kellern aufhält und anschließend zum Rollenmodell-Kandidat für die IWITT-Kampagne der Deutschen AIDS-Hilfe mutiert, weil er aus Selbstmitleid nur noch ohne Kondom rumvögelt.
Wir ziehen auf jeden Fall die Regenbogenfahne auf Halbmast, verlassen unter Protest das Green Lantern Universum und gehen nächsten Donnerstag ins Kino. Zu Batman. Der ist wenigstens besser gepanzert und steigt nicht in unsichere öffentliche Verkehrsmittel...