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- 15. Juli 2012 3 Min.

Hadert nicht mit seinem "Schicksal": Umweltminister Peter Altmaier (Bild: Fraktion des CDU/CSU im Deutschen Bundestag)
Gegenüber der "Bild am Sonntag" schwurbelt der schwule CDU-Umweltminister: "Der liebe Gott hat es so gefügt, dass ich unverheiratet und allein durchs Leben gehe".
Von Carsten Weidemann
Bevor Guido Westerwelle 2004 im Alter von 43 Jahren endlich aus dem Schrank kam und seinen Freund Michael Mronz zu Angela Merkels Geburtstagsparty brachte, galt er als "ewiger Junggeselle". Wer nun dachte, dass dieses verklemmte Geschwurbel in der Politik seitdem ein Ende hat, wird leider eines Besseren belehrt: "Der liebe Gott hat es so gefügt, dass ich unverheiratet und allein durchs Leben gehe", erklärt Umweltminister Peter Altmaier (CDU) in der heutigen Ausgabe der "Bild am Sonntag".
Deshalb könne in den Archiven auch nichts über eine Beziehung stehen, behauptete der 54-jährige Saarländer gegenüber dem Boulevardblatt. Dennoch sei er glücklich: "Ich hadere nicht mit meinem Schicksal. Wenn es anders wäre, wäre ich längst verheiratet oder in einer festen Beziehung." Auch habe er "eine kleine Zahl guter Freunde, mit denen ich über alles reden kann".
Sexuelle Orientierung des Ministers ein offenes Geheimnis

Gegenüber der "BamS" plauderte Altmaier auch über seine Vorliebe für gutes Essen (Bild: Foreign and Commonwealth Office)
Das Interview mit Altmaier sorgte nicht nur in Parlamentskreisen für Verwunderung: Nicht der "liebe Gott", sondern er selbst hat es schließlich (mit) so gefügt, dass er unverheiratet durchs Leben gehen muss - nämlich als er Ende Juni im Bundestag gegen die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare stimmte. Die Homosexualität des Umweltministers gilt als mehr oder weniger offenes Geheimnis - erst am 10. Juli hatte Elmar Kraushaar Altmaier in der "taz" öffentlich zur "lesbisch-schwule[n] Prominenz der Regierungskoalition" gezählt.
In seinem früheren Amt als parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion pflegte Altmaier engen Kontakt mit den Lesben und Schwulen in der Union (LSU). 1998 war er erste CDU-Mann überhaupt, der zu einer Podiumsdiskussion mit schwul-lesbischen Themen ging. Im Jahr 2003 wagte sich Altmaier aus der Reserve und kritisierte als Katholik - damals zum Entsetzen vieler Parteifreunde - offen den Aufruf des Papstes zur Bekämpfung gleichgeschlechtlicher Ehen. Anfang Juni 2012 war er als Teilnehmer der LSU-Podiumsdiskussion "Queer und konservativ" angekündigt, sagte seine Teilnahme jedoch wegen eines Termins in Brüssel kurzfristig ab (queer.de berichtete).
Jan Feddersen kritisiert "pseudobarockes Geschwurbel"
In der "taz" wundert sich nun der schwule Journalist Jan Feddersen über das "pseudobarocke Geschwurbel" des Ministers in der "Bild am Sonntag": "Spricht Altmaier so, weil in der CDU gute Laune und Nichtverehelichung nicht zusammengehen dürfen? Stellt er sich moralisch für den Bundestagswahlkampf auf, um das Thema des Nichtverheiratetseins nicht angeheftet zu bekommen - vor allem nicht durch krass konservative Wähler? Oder meidet er eventuell das Thema H ... und das schlimme Sch ...-Wort, weil er keine Lust haben könnte, der erste offene H ... seiner Partei im Bundesministerrang zu sein?"
Feddersen forderte Altmaier zu einer Erläuterung auf: "Denn irgendwie passt dieses pseudobarocke Schwurbeln nicht zu diesem Minister: Er, die einzige gute Idee, die Merkel noch hatte, hat es nötig, so zu hüsteln und zu brüsteln? Kaum zu glauben."
Nachtrag, 14.20h Die "taz" hat den Artikel von Jan Feddersen offline gestellt. Chefredakteurin Ines Pohl schreibt: "Politisch wie moralisch ist die sexuelle Orientierung eines Menschen irrelevant. Sie ist Privatsache. Entsprechend sollte sich die taz weder an Zwangsoutings noch an Gerüchten über die sexuelle Orientierung beteiligen." Daher habe sie veranlasst, den Text zu löschen. "Für den Beitrag, der in der gedruckten Montagausgabe erschienen ist, entschuldige ich mich." Der ältere "taz"-Artikel von Elmar Kraushaar, in dem Altmaier erwähnt wird, ist noch online.

Links zum Thema:
» Peter Altmaier in der Bild am Sonntag
» Jan Feddersens Replik in der taz