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- 16. Juli 2012 2 Min.

HIV-Antikörper-Test (Bild: CDC)
Die Deutsche Aids-Hilfe hat sich am Montag entschieden gegen eine geplante Gesetzesänderung in Sachsen-Anhalt gewandt, die es den Behörden ermöglichen soll, Personen zu einem HIV- oder Hepatitis-Test zu zwingen. Ein entsprechender Gesetzentwurf für ein geändertes "Gesetz über die Sicherheit und Ordnung" war am Freitag in erster Lesung vom Landtag behandelt und in den Innenausschuss verwiesen worden.
Die Deutsche Aids-Hilfe lehnt das als unverhältnismäßig ab: "Ein solches Gesetz setzt Grundrechte außer Kraft", so Aids-Hilfen-Vorstand Carsten Schatz. "Es öffnet die Tür für unfreiwillige Tests und damit für einen willkürlichen Umgang mit möglicherweise HIV-positiven Menschen. Nicht ohne Grund dürfen in Deutschland medizinische Tests nur mit Einwilligung der Betroffenen und in Verbindung mit einer entsprechenden Beratung stattfinden. Dieser Anspruch ist ein hohes Gut und darf nicht leichtfertig aufgeweicht werden. Die Entscheidung für oder gegen einen Test sowie den richtigen Zeitpunkt liegt beim Individuum - und das muss auch so bleiben!"
Wie queer.de berichtete, will die große Koalition in Sachsen-Anhalt mit dem Gesetzentwurf den Schutz von Polizisten und Rettungshelfern verbessern. Nach einem Risikokontakt wüssten diese schneller über die Gefährlichkeit Bescheid und könnten etwa bei einer möglichen HIV-Infektion umgehend eine Postexpositionsprophylaxe (PEP) beginnen. "Diese Behandlung ist aber auch ohne HIV-Test möglich; nur in den seltensten Fällen ist nicht klar, ob eine Infektion vorliegt oder wahrscheinlich ist", kritisiert die DAH. "Zudem kann ein HIV-Test in solchen Situationen auch keine sichere Information liefern, weil er erst drei Monaten nach einem Infektionsrisiko zuverlässig anzeigt, ob jemand HIV-positiv oder -negativ ist."
Zwangstest soll sogar von der Polizei angeordnet werden können
Das Gesetz sei "eher großen Ängsten geschuldet als tatsächlichen Erfordernissen", so Schatz. Ein HIV-Test gegen den Willen eines Menschen sei rechtlich Körperverletzung, die Diagnose könne schwerwiegende psychische und soziale Folgen haben. Wie das Innenministerium dem HIV-Blog "Ondamaris" am Montag bestätigte, ist für die Betroffenen keine Information, Beratung oder Einwilligung vorgesehen; laut der Gesetzesbegründung werden die Zwangsgetesteten nur auf Wunsch über das Ergebnis informiert.
Im Falle von "Gefahr in Verzug", also etwa einer Eilbedürftigkeit, kann der Zwangstest direkt von der Polizei ohne Richtervorbehalt angeordnet werden. Dieser muss von einem Arzt durchgeführt werden. Der soll die Beamten auch beraten, ob überhaupt eine Ansteckung wahrscheinlich ist. Die DAH bietet sich ebenfalls als Gesprächspartner an: "Die Ängste von Menschen in medizinischen Berufen und im Polizeieinsatz nehmen wir sehr ernst", so Carsten Schatz. "Wir helfen gerne dabei, diesen Ängsten mit hilfreichen Informationen zu begegnen." (nb/pm)














