Kerle jenseits der geleckten langweiligen Schönheitsnormen, mit Bart und Fetisch (Bild: HORST Magazin)
Die zweite Ausgabe des Männermagazins "HORST" zeigt überzeugend, wohin die Reise für schwule Kaufmagazine gehen kann.
Von Christian Scheuß
Als HORST im vergangenen Jahr zum ersten Mal erschien, war die Resonanz gewaltig. Für den Hamburger Herausgeber Armin Morbach klar: Es gibt kein zurück. "Wir bekamen Post von überall her und so viele Anfragen, dass wir unsere Auflage erhöhen mussten. Jean Paul Gaultier bot sich zum Interview an, in der Buchhandlung des Tate Modern in London wurden wir zum Liebling", berichtet er. Das über 200 Seiten starke Hochglanz-Magazin im Überformat fiel völlig aus dem Rahmen der bislang veröffentlichten Publikationen, die Männer mit der Vorliebe für andere Männer ansprechen sollen
Modestrecken mit Szenen wie aus einem Amateurporno oder Markenarmbanduhren, getragen von erigierten Penissen - jede Menge guter optischer Ideen trugen die Debütausgabe. Was man von den redaktionellen Inhalten leider nicht sagen konnte. Das Textlayout machte das Lesen häufig unmöglich, der Bericht über "Schwule im Dritten Reich" war durch die Nackedei-Bebilderung und die Platzierung ein absoluter Tiefpunkt. Wer nur gucken wollte, konnte zufrieden sein, wer auch inhaltlich einsteigen wollte, wurde schwer enttäuscht.
"Schwänze sind Stellvertreter für echte Kerle"
Cover der zweiten Ausgabe. Ein typischer HORST-Kerl auf dem Rad.
Dass es Kritik geben würde, war Morbach klar: "Einige sagten, wir seien zu schwanzig, dabei geht es uns gar nicht darum. Die Schwänze, das sind Stellvertreter für all die echten Männer, um die es uns tatsächlich geht. Männer, die Männer gut finden und mehr sind als ein gestählter Körper zwischen It-Café und Fitnessstudio. Die, die einen Schwanz in der Hose haben und nicht nur im Kopf, sollen den auch zeigen dürfen."
Tatsächlich sind den "HORST"-Machern auch in der gerade erschienenen zweiten Ausgabe die ausgelutschten genormten Schönheitsideale scheißegal. Dicke Kerle, dürre Bohnenstangen - die porträtierten Männer zeigen ihre Lust, ihren Style und auch schon mal ihren Schwanz. Das Spiel mit der völlig unscharfen Andeutung schwuler Sexualität, aber auch der überscharfe Fokus auf tätowierte Haut und gepiercte Körperteile zeigen: Geil ist, was gefällt! Und die Geschmacksvariationen sind riesig.
"Wer sich danach noch immer über Penisse echauffiert, sollte zunächst einmal gegen alle TV-Zeitschriften demonstrieren, die mit den Riesentitten auf dem Cover. Das ist sexistisch, wir sind es nicht", findet Armin Morbach. Und an die Leser mit Hirn hat man in der zweiten Ausgabe des "Naked Fashion Magazine" diesmal auch gedacht. Die Texte sind diesmal qualitativ besser, inhaltlich hat man zugelegt. Das Interview mit Gaultier ist tatsächlich drin, das Thema "Alter" sehr schön umgesetzt. Und Poppers-Sorten inszeniert wie in Duftwasser-Reklamen: Witzig!
"HORST" zeigt, welchen Weg gedruckte Kaufmagazine für Schwule in Deutschland gehen können, um den Auflagenschwund zu stoppen und neue Leserschaften zu gewinnen. Die Druckauflage von "HORST" ist auf 1.000 Exemplare begrenzt, der Kaufpreis wurde von 34 auf 25 Euro gesenkt. Weitere Infos zum Magazin gibt es auf horstmagazine.com (aus Jugendschutzgründen können wir leider nicht direkt verlinken).