Madonna mit einer "No Fear"-Regenbogenflagge aus Pappe am Donnerstag in St. Petersburg
Popdiva Madonna muss nach ihrem Konzert am Donnerstag in St. Petersburg mit einer Anklage wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz gegen "Homo-Propaganda" rechnen. Witali Milonow, der das Gesetz in die Duma eingebracht hatte, sagte am Freitag, die Behörden hätten Videomaterial und Zeugenaussagen gesammelt. Unter den rund 25.000 Besuchern seien auch Kinder im Alter von zwölf Jahren gewesen.
Madonna droht nun eine Geldstrafe in Höhe von 12,50 Euro, der lokale Konzertveranstalter muss mit bis zu 12.500 Euro rechnen. Die Sängerin hatte es darauf ankommen lassen: Bereits im Vorfeld wurden pinke Armbänder verteilt, die die Fans bei einer Ansprache der 53-Jährigen hochhalten sollten; vor dem Konzert wurde auf einer Video-Leinwand auf den Zweck hingewiesen, damit der Gay-Community "Toleranz und Akzeptanz" zu zeigen. Die Homo-Gruppe "Coming out" hatte zudem 330 Regenbogenflaggen aus Pappe mit dem Aufdruck "No Fear" verteilt.
"Keine Angst" hatte Madonna sich auch auf den Rücken geschrieben. "Ich bin hier, um zu sagen, dass Schwule und Lesben hier und auf der ganzen Welt die gleichen Rechte haben. Die gleichen Rechte, mit Würde, mit Respekt, mit Toleranz, mit Mitgefühl, mit Liebe behandelt zu werden." Wer das auch so sehe, solle sein pinkes Armband herzeigen.
Youtube | Die Ansprache von Madonna
Eine "Nachricht der Liebe"
Via Facebook verbeitete Madonna Bilder von ihren Fans in St. Petersburg
Schätzungen zufolge hob mindestens ein Drittel des Saals dazu den Arm. Auf dem Blog antidogma berichtet ein Teilnehmer, es sei ein tolles Gefühl gewesen, eine Regenbogenflagge zu halten, während die Kamera das live auf die Konzertleinwand brachte. Madonna erzählte weiter, alle Religionen besagten, dass man seinen Nachbarn so lieben sollte wie sich selbst. "Du kannst also nicht Religion nutzen, um andere Leute schlecht zu behandeln. Wir alle verdienen Liebe."
Daher sollten alle Zuhörer diese "Nachricht der Liebe" verbreiten und ein Leben ohne Angst leben. "Amen!", so Madonna zum Abschluss ihrer Rede. Zu "Like a Prayer" brachten die Tänzer später eine Regenbogenflagge mit auf die Bühne; auf das Hintergrundvideo, das u.a. Volker Beck beim CSD in Moskau zeigt (queer.de berichtete), wurde auch in St. Petersburg nicht verzichtet.
"Die Verbote bleiben"
Jury Gawrikow, der den CSD in St. Petersburg organisert, demonstrierte vor dem Konzert gegen Madonna
Vor der Arena kam es zu mehreren Protesten. So demonstrierte ein Aktivist von GayRussia, Juri Gawrikow, als Madonna verkleidet gegen den Auftritt der Sängerin: Sie und andere Künstler nutzten Menschenrechte nur aus Promozwecken. "Wenn sie wirklich Haltung habe zeigen wollen, hätte sie sich mit dem Bürgermeister treffen oder das Konzert absagen sollen," so Gawrikow. "Madonna ist weitergeflogen, die Verbote bleiben", sagte auch Nikolai Aleksejew, der sich traditionell schwer tut, anderen den Einsatz für Homo-Rechte zu gönnen. Es sei einfach, in einer sicheren Umgebung mit Regenbogenflaggen zu wedeln, so Aleksejew. Madonna-Fans sollten besser eine Demonstration in der Innenstadt abhalten.
Der Aktivist hatte zuvor gefordert, der Popstar solle das Konzert absagen – die Verantwortlichen der Stadt würden nur einen wirtschaftlichen Boykott spüren. Madonna eröffnet in St. Petersburg demnächst eine Filiale ihrer Fitnessstudiokette "Hard Candy", in Moskau gibt es bereits eine in Kreml-Nähe. Protest sieht anders aus, so Aleksejew. Allerdings hatte der Popstar auch bei einem Konzert in Moskau am Dienstag LGBT-Rechte erwähnt und sich für eine Freilassung der Mitglieder von Pussy Riot eingesetzt (queer.de berichtete).
Einen Boykott hatten die wenigsten Aktivisten im Vorfeld gefordert; im Nachhinein sind die meisten glücklich mit dem Konzert. "Die Unterstützung durch Madonna war zutiefst bewegend", sagt Polina Sawschenko von "Coming Out". "Die meisten der überwiegend heterosexuellen Besucher reagierten sehr positiv."
Auch ein paar orthodoxe Christen demonstrierten vor dem Konzert, am Tag zuvor hatten sie öffentlich ein Plakat der Sängerin verbrannt. Der stellvertretende Ministerpräsident Dmitri Rogosin hatte Madonna nach dem Konzert in Moskau als "ehemalige Hure" bezeichnet. (nb)
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