Angela Merkel hat sich unsere Homo-Gurke mehr als verdient. (Bild: Wiki Commons / Jacquez Grießmayer / CC-BY-SA-3.0, Montage queer.de)
Die Kanzlerin will Schwulen und Lesben kein Ehegattensplitting zugestehen und eine Debatte dazu im Keim ersticken. Für diese bewusste Ignoranz erhält sie unsere Homo-Gurke.
Von Norbert Blech
Im Magazin der "Süddeutschen Zeitung" wurde Angela Merkel in der letzten Woche gefragt, wie sie einem russischen Kollegen erklären würde, dass Homosexualität keine Krankheit ist. Ihre Antwort: "Wir können nur versuchen, die Achtung für jeden einzelnen Menschen vorzuleben, ungeachtet seiner Herkunft, seines Glaubens oder seiner Persönlichkeit, und für diese Haltung in aller Welt eintreten."
Das ist eine bemerkenswert enttäuschende Antwort: Versuchen, Achtung vorzuleben? Das klingt nach einer gewaltigen Anstrengung, mehr nach Pflicht als Überzeugung. Und kann man gegen Diskriminierung eintreten, wenn man konkrekt zur Homosexualität befragt wird und dann mit einer Liste von Diskriminierungsmerkmalen antwortet, die das Merkmal "sexuelle Orientierung" nicht einmal klar benennt?
Das ist kein Einzelfall. Als Merkel im letzten Jahr bei der Gedenkfeier für die Opfer des rechten Terrors sprach, sagte sie, dass Gleichgültigkeit "eine schleichende, aber verheerende Wirkung" habe, um dann in einer Aufzählung der Vielfalt des Landes Homosexuelle - eine Opfergruppe von Nazis wie Neonazis - nicht zu erwähnen. Als Merkels Regierungssprecher zum Einsatz von US-Präsident Obama für die Ehe-Öffnung befragt wurde, sagte der, man werde sich nicht in die Innenpolitik eines anderen Landes einmischen.
Die Ignoranz der Kanzlerin
Das ist mehr als Gleichgültigkeit, das ist Ignoranz. Zur Lebenspartnerschaft sagen die Kanzlerin und ihre Partei immer wieder, man müsse Menschen mit anderen Lebensmodellen mit Toleranz und Respekt begegnen. Das ist offenbar nicht das gleiche wie Respekt zeigen. Die Kanzlerin selbst hat das vor drei Jahren in einer Rede vor katholischen Würdenträgern zum Ausdruck gebracht wie kein anderer: "Respekt ist nicht Gleichstellung."
Mit Verlaub, was ist "Respekt" denn dann? Ein Lächeln? Das Nicht-Streichen aus dem SMS-Empfängerkreis? Die Bereitschaft, einen nicht zu verurteilen? Wie gnädig. Wie anmaßend. Natürlich ist Respekt eine Gleichstellung. Die Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren ist nichts anderes als Diskriminierung. Die Mehrheit der Bevölkerung weiß das und ist dagegen. Die meisten Unionspolitiker wissen es. Das Bundesverfassungsgericht weiß es und schreibt das auch so. Angela Merkel weiß es.
Die Kanzlerin ist umgeben von Schwulen und Lesben: Vom Außenminister, den sie zumindestens einst mal sehr mochte. Von Peter Altmaier, den sie heute noch als Intimus schätzt. Von weiteren Politikern, deren Homosexualität ihr bekannt ist. Natürlich ist ihr klar, dass sie - selbst in zweiter Ehe kinderlos - ihren Freunden nicht das Ehegattensplitting, nicht alle anderen fehlenden Rechte vorenthalten kann. Sie wird es nicht mal ernsthaft wollen.
Doch sie setzt auf die Strategie, keine Parteimitglieder und keine Wähler zu verprellen. Und natürlich gibt es in der Bundestagsfraktion der Union, neben sehr vielen Heuchlern, auch noch ein paar wenige Politiker, die ernsthaft gegen eine Gleichstellung sind. In den Ortsverbänden, in der eigenen Wählerschaft gibt es davon deutlich mehr. Es ist allerdings die Aufgabe einer modernen Volkspartei, die Diskussion mit diesen Menschen zu suchen und diese zu überzeugen.
It gets better? Es bleibt so, wie es ist!
Eine solche Gesellschaftspolitik kann Merkel durchaus: Sie hat sich früh von Sarrazin distanziert, sie tritt glaubhaft gegen Fremdenfeindlichkeit ein. Bei der Gleichstellung der Homo-Ehe verweigert sie die Debatte, verweist auf Karlsruhe. Damit überzeugt sie niemanden. "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik", heißt es im Grundgesetz, nicht das Bundesverfassungsgericht. Man darf Diskriminierung nicht aussitzen. Man muss bewusst dagegen handeln.
In anderen Ländern nehmen selbst konservative Regierungschefs Videos zur "It gets better"-Kampagne auf und arbeiten an einer Verbesserung des gesellschaftlichen Klimas, damit junge Schwule und Lesben so schnell wie möglich zu einem selbstbewussten Umgang mit ihrer Homosexualität finden, in einer Gesellschaft, in der sie auf immer weniger Ablehnung stoßen. Aussagen und Handeln der Merkel-Regierung lassen sich hingegen so zusammenfassen: "Es bleibt so, wie es ist. Und das ist auch gut so, auch wenn wir selbst nicht mehr so richtig daran glauben."
Bundeskanzlerin Merkel, das wird spätestens in diesen Tagen klar und muss so benannt werden, diskriminiert Schwule und Lesben bewusst. Sie hat dafür nicht mal mehr Argumente. Sie setzt damit nach Innen und Außen ein schlimmes Zeichen. Ganz davon abgesehen, dass er es ohnehin nicht tut: Wie sollte Guido Westerwelle, von der eigenen Kanzlerin diskriminiert, jetzt noch in Russland ernsthaft für Schwule und Lesben eintreten? Der Mann würde doch ausgelacht. Er sollte sich das nicht länger bieten lassen.
Wir sollten uns das nicht länger bieten lassen.
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Julia Klöckner @JuliaKloeckner
Kann ich irgendwie helfen, Carepaket? “@Volker_Beck: Bin noch nie im Restaurant verhungert. Irgendwann muss man alles zum 1.mal machen #fb”
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10h Volker Beck @Volker_Beck
@JuliaKloeckner Situation inzwischen gelöst. Care Paket ist immer richtig -Adresse bekannt ;-)
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