Angela Merkel beim ARD-Interview
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich erneut gegen eine steuerliche Gleichstellung von Lebenspartnerschaften mit der Ehe ausgesprochen. "Ich glaube, dass wir an dieser Stelle gut daran tun, doch die Rechtsprechung noch einmal abzuwarten", sagte Merkel am Sonntag im Sommerinterview der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" (Video, etwa bei 14:30).
Es sei ihr Wunsch und ihre Überzeugung, "dass es gut ist, wenn Ehe und Familie [im Vergleich zur Lebenspartnerschaft] doch noch etwas deutlich bessergestellt werden", so die CDU-Vorsitzende in dem Interview. "Mit gutem Grund" schütze das Grundgesetz Ehe und Familie. Dennoch habe man Lebenspartnerschaften "in vielen Schritten" besser gestellt.
Es gebe unterschiedliche Rechtsauffassungen zu dem Thema. Ob die Gleichstellung homosexueller Paare "in einer steuerlichen völligen Gleichstellung mit der Ehe enden muss, da bin ich selber zweifelnd", sagte Merkel.
Anhaltende Diskussion
Bereits vor zwei Wochen hatte die Kanzlerin über ihren Sprecher gefordert, erst ein für das nächste Jahr erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Sache abzuwarten (queer.de berichtete). Zu dem Zeitpunkt hatte die schwarz-gelbe Regierungskoalition bereits eine Woche lang lautstark eine Initiative von 13 CDU-Abgeordneten für ein Ehegattensplitting für Homo-Paare diskutiert.
Diese Diskussion hält bis heute an, trotz zwei Urteilen des Bundesverfassungsgerichts von vor wenigen Wochen, die in anderen Rechtsbereichen eine Gleichstellung forderten. Der grundgesetzliche Schutz von Ehe und Familie spreche nicht dagegen, urteilten die Richter deutlich.
Trotzdem argumentieren die meisten Unionspolitiker seitdem mit dem Schutz von Ehe und Familie gegen eine Gleichstellung. Am Sonntag hatte sich auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) entsprechend geäußert: Ehe und Familie seien "das zentrale Element in dem Verhältnis der Generationen untereinander" (queer.de berichtete).
Beck: Merkel heuchelt
In einer ersten Reaktion hat der Grünenpolitiker Volker Beck der Kanzlerin "eine heuchlerische Haltung zur Eingetragenen Lebenspartnerschaft" unterstellt: "Sie weiß, dass das Bundesverfassungsgericht nicht ihrer Auffassung ist. Das hat sie im Interview deutlich erkennen lassen."
Sie wolle aber "Evangelikale und fundamentalistische Katholiken nicht verprellen. Wenn die CDU schon nicht mehr weiß, was konservativ ist, kann sie sich wenigstens auf die Diskriminierung von Lesben und Schwulen als kleinsten gemeinsamen Nenner verständigen." Das sei "programmatisch erbärmerlich und intellektuell arm", so Beck. Die Kanzlerin wolle "Lesben und Schwule weiter zappeln lassen. Und es macht ihr wohl auch Spaß, die FDP am ausgestreckten Arm verhungern zu lassen." (nb)