Wer seid ihr denn? (Bild: LSU)
Im Bundesvorstand der Lesben und Schwulen in der Union (LSU) gibt es offenbar keine Einigkeit über die Strategie: Die LSU hat sich am Donnerstagmorgen in einer Pressemitteilung von ihrem Geschäftsführer Ronny Pohle distanziert, weil dieser homophobe Äußerungen des CSU-Politikers Thomas Goppel von der Staatsanwaltschaft prüfen lässt.
Von Dennis Klein
Die Aussagen Goppels erschütterten selbst hartgesottene lesbische und schwule Anhänger der Union: Der bayerische Landtagsabgeordnete sprach von "Qualitätsunterschieden" zwischen Hetero- und Homosexuellen und davon, dass die "Gleichwertigkeit von Lebensgemeinschaften" ihre "natürlichen Grenzen" habe (queer.de berichtete). LSU-Bundesgeschäftsführer Ronny Pohle schaltete daraufhin die Staatsanwaltschaft Augsburg ein.
Nun pfeift ihn die LSU-Führung zurück: In einer Pressemitteilung wird am Donnerstagvormittag betont, dass Pohle "auf eigene Initiative" gehandelt habe und dieses Vorgehen nicht unterstütz werde. Grund: "Das mehrheitliche Verständnis des Bundesvorstands ist es, inhaltliche Konflikte nach allen Kräften innerparteilich zu diskutieren."
Im Gespräch mit queer.de wird Pressesprecher Christian Röbcke deutlicher: Es habe eine "Fehleinschätzung von Ronny" vorgelegen, als er auf seiner Facebook-Seite unter dem LSU-Logo das Einschalten der Staatsanwaltschaft bekannt gab. "Das ist nicht unsere Strategie", so Röbcke weiter.
LSU: Goppel spricht wie ein Nazi
LSU-Bundesgeschäftsführer Ronny Pohle ist aus Sicht der LSU-Vorstandsmehrheit zu weit gegangen
Das Absurde an der Debatte: In der Sache ist die Bundesvorstandsmehrheit genauso erbost über Goppel – und beschuldigt den CSU-Politiker sogar, Nazi-Jargon zu verwenden: "Der vorgeworfene Vergleich des Sprachgebrauchs mit dem von vor 70 Jahren liegt nahe", heißt es in der Pressemitteilung. Dennoch scheint das Parteibuch wichtiger zu sein als die eigene Überzeugung: "Eine rechtliche Auseinandersetzung stellt für uns aber kein probates Mittel dar, [einen verstärkten Dialog innerhalb der Partei] aufzubauen und zu fördern".
Zwar steht die LSU schon sein Jahren in dem Zwiespalt, Teil einer Partei zu sein, die bei der Homo-Politik hinter allen anderen etablierten Parteien hinterher zuckelt. Daher vernetzen sich die LSU-Aktivisten innerparteilich und loben die Dialogbereitschaft ihrer Parteifreunde – und tatsächlich gab es erste Fortschritte, etwa als sich Anfang August 13 CDU-Abgeordnete mutig der Bremserrolle bei Homo-Rechten entgegen stellten (queer.de berichtete).
Manche LSU-Politiker haben nun damit angefangen, Forderungen an die eigenen Leute zu stellen – wie der LSU-Vize Thomas Steins, der es im queer.de-Interview als "problematisch" bezeichnet, sollte seine Partei in dieser Legislaturperiode die Gleichstellung im Steuerrecht vergeigen. Allerdings scheint dieses Interesse an der Sache nicht in der ganzen LSU vorzuherrschen. So blieb der LSU-Bundesvorsitzende Alexander Vogt seit seinem Amtsantritt 2010 seltsam blass.
Der gescholtene Geschäftsführer Ronny Pohle meldet sich dagegen zu Wort, wenn seine Partei-"Freunde" wieder einmal über die "bösen" Schwulen herziehen. So bezeichnete er vergangene Woche die abwertenden Äußerungen von Staatssekretärin Katherina Reiche als "geistigen Dünschiss" (queer.de berichtete).
Pohle erklärte am Donnerstagmorgen, er habe bislang auch viele positive Erfahrungen auf sein Einschalten der Behörden in der Causa Goppel erhalten, insbesondere von LSU-Mitgliedern. Er zeigt sich davon überzeugt, dass die LSU sowohl auf einen "gemeinsamen Dialog mit den Unionsparteien" setzen als auch mit "UnterstützerInnen für die Gleichstellung arbeiten" werde. Auf Facebook zeigte er stolz ein Foto seines Briefes an die Staatsanwaltschaft. Darunter die Aussage: "Dafür habe ich gern eine Briefmarke spendiert". Diese Kosten kann er wohl nicht in seiner LSU-Spesenabrechnung aufführen.